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Kostengünstige Passivhäuser in Mitteleuropa

Das Standardheizsystem in Mitteleuropa ist eine zentrale Warmwasserheizung mit Radiatoren, Rohrleitungen und zentralen Öl- oder Gaskesseln. Typischerweise haben bestehende Gebäude maximale Heizlastungen von um 100 W/m² (d.h. 10 kW für eine 100 m²-Wohnung). Die Kernidee des Passivhauses ist schnell erklärt: Die Wärmeverluste werden derart stark verringert, dass eine separate Heizung gar nicht mehr erforderlich ist (Abb. 1). Es kann gezeigt werden, dass eine noch erforderliche kleine "Restheizung" dann leicht über eine Nacherwärmung der Zuluft zugeführt werden kann, wenn die maximale Heizlast weniger als 10 W/m² (Wohnfläche) beträgt. Die Wärme wird in diesem Fall über ein Nachheizregister der Zuluft des Lüftungssystems zugeführt - den Beweis finden Sie im Kasten. Wenn die Zuluftnachheizung als alleinige Wärmequelle ausreicht, nennen wir ein Gebäude ein Passivhaus – eben, weil es kein aktives Heizsystem (und auch keine Klimaanlage) braucht.

 Abb. 1: Behaglichkeit ohne Heizsystem: Die Komfortlüftung macht es möglich.

Was ist ein Passivhaus?
Ein Passivhaus ist ein Gebäude mit derart geringem Heizwärmebedarf, dass eine separate Heizung überflüssig wird: Die Wärme kann über das ohnehin vorhandene Zuluftsystem zugeführt werden.

Herleitung der "Passivhaus-Bedingung"
Eine kontrollierte Wohnungslüftung ist aus hygienischen Gründen erforderlich.
Hygienebedingung Zuluft: V ≈ 30 m³/(h und Person)
macht bei 30 m² Wohnfläche pro Person ≈ 1 m³/h/m²
Temperaturbegrenzung: ϑ < 50°C im Nacherhitzer.
Δϑ = 30 K; max. Heizleistung PHz = 1 m³ / (h⋅m²) ⋅ 0,33 Wh/(m³K)⋅30 K
     = 10 W/(m² Wohnfläche).

Eine kontrollierte Wohnungslüftung ist für die Einhaltung einer guten Raumluftqualität unverzichtbar. Umluftbetrieb sollte aber vermieden werden. Die Zuluft dieses Lufterneuerungssystems kann jedoch verwendet werden, um etwas Wärme (im Sommer auch Kälte) zu transportieren. Geht man nach DIN 1946 von 30 m³/h Frischluft je Person aus, so ergeben sich bei 30 m² Wohnfläche pro Person für jeden Quadratmeter Wohnfläche Zuluftmengen von mindestens 1 m³/(m²h). Die Maximaltemperatur am Nachheizregister muss auf weniger als 50°C begrenzt werden, um eine Staubverschwelung zu vermeiden. Ein einfacher Rechengang mit der Wärmekapazität der Luft von 0,33 Wh/(m³K) ergibt eine maximale Heizlast von 10 W/m², die noch bequem mit der Zuluft zugeführt werden kann. Dieses Ergebnis gilt übrigens für alle Wohngebäude - es ist vom Klima unabhängig. Der Aufwand, die Wärmebilanz zwischen Verlusten und freier Wärme auf diesen sehr kleinen Wert zu begrenzen, ist allerdings je nach Klima unterschiedlich hoch.

Im Gebäudebestand (Häuser vor 1980) werden immer noch etwa 220 kWh/(m²a) für Raumwärme verbraucht. Nach zahlreichen Novellen und Verschärfungen der Wärmeschutz- bzw. Energieeinsparverordnung ist dieser Wert für Neubauten nach 2009 auf etwa 80 kWh/(m²a) gesunken. Zusätzlich werden etwa 28 kWh/m² für die Warmwasserbereitung und 32 kWh/m² für den gesamten Haushaltsstromverbrauch (ohne Heizung) eingesetzt. Bei einem Passivhaus ist der jährliche Energieverbrauch für Raumheizung auf weniger als 15 kWh/(m²a) reduziert – das entspricht einer Einsparung von über 90% gegenüber dem Gebäudebestand. Darüberhinaus ist aber auch der Verbrauch für die Warmwasserbereitung und der Haushaltsstromverbrauch verringert. Insgesamt lautet die Zielsetzung, den gesamten Endenergieverbrauch für alle Haushaltsanwendungen um 75% zu reduzieren.

Das Prinzip des Passivhauses: Höchste Effizienz der Gebäudehülle

Abb. 2: Schnitt durch ein Passivhaus: hochgedämmt, Superfenster und Lüftungswärmerückgewinnung

10 W/m² ist eine außerordentlich niedrige maximale Heizleistung; wie kann dies in Mitteleuropa erreicht werden, wenn dort die Auslegungs-Außentemperatur oft um -12°C liegt? Der Querschnitt durch ein Passivhaus zeigt die wesentlichen Merkmale (Abb. 2):

Überraschend ist vielleicht, dass diese drei Maßnahmen bereits ausreichen, um den Passivhaus-Standard zu erreichen. Im Grunde sind alle drei Technologien hinreichend bekannt. Es kommt nur noch darauf an, alle Details so sorgfältig zu kombinieren, dass eine funktionstüchtige Gesamtlösung resultiert.

Abb. 3: Für das Passivhaus geeignete Außenwandkonstruktionen

In den letzten 20 Jahren wurden eine Reihe von für das Passivhaus geeigneten Außenwandkonstruktionen entwickelt (Abb. 3):

Passivhäuser müssen sehr gut luftdicht sein. Eine luftdichtende Hülle umgibt das gesamte Haus, und die Anschlüsse zwischen den Bauteilen sind sehr sorgfältig abgedichtet.

Abb. 4: Wärmebrückenfreies Konstruieren am Beispiel Sanierungsprojekt Tevesstraße FF/M, Bauherr: ABG Frankfurt Holding, Architekten: faktor10, Darmstadt, Wissenschaftliche Begleitung: Passivhaus Institut, Darmstadt - Gefördert aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Wiesbaden

Ein interessantes Ergebnis unserer Forschungen ist, dass in supergedämmten Konstruktionen Wärmebrücken vollständig vermieden werden können. Wärmebrückenfrei ist eine Konstruktion dann, wenn der Wärmeverlust der Regelflächen – mit dem Außenmaß berechnet – den gesamten Wärmeverlust nicht übersteigt. Für die ersten Demonstrationsgebäude wurden alle Anschlüsse mit zweidimensionalen Wärmestromberechnungen sorgfältig optimiert. Der Bau ohne Wärmebrücken war schon beim ersten Demonstrationsgebäude erfolgreich. Inzwischen wurden etwa 50 Bausysteme verschiedener Art als Passivhaus geeignet und rundum wärmebrückenfrei zertifiziert.

Abb. 5: Die Entwicklung bei den Verglasungen: Eine stille Effizienzrevolution

In den letzten 30 Jahren gab es eine gewaltige Entwicklung bei den Verglasungen (Abb. 5):

Die Verglasungen in Passivhäusern sind dreifach mit zwei Beschichtungen und Argon- bzw. Kryptonfüllungen (U = 0,5 bis 0,8 W/(m²K)). Jetzt liegen die inneren Oberflächentemperaturen in der Nähe der Raumlufttemperatur und der Heizkörper unter dem Fenster wird überflüssig. In Mitteleuropa sind die Wärmegewinne dieser Verglasungen in Südorientierung mit wenig Verschattung selbst von Dezember bis Februar höher als die Wärmeverluste. Seit 2009 entwickeln sich diese Verglasungen zum Standardprodukt, sie sind kaum noch teurer als Zweifachverglasungen.

Abb. 6: Passivhaus geeignete Fensterrahmen; hocheffiziente Bautechnik, entwickelt von mittelständischen Unternehmen

Gewöhnliche Fensterrahmen haben U-Werte von ca. 1,2 - 1,5 W/(m²K). Der Wärmeverlust eines Quadratmeters Rahmen ist etwa doppelt so hoch wie der der Dreifachverglasung. Eine bedeutende Wärmebrücke stellen die Abstandhalter der Verglasung dar, die meist noch aus Aluminium sind. Für das Passivhaus wurden daher besonders gut wärmedämmende Fensterrahmen entwickelt, die auch die Glasrandverluste durch einen tieferen Randeinstand und wärmedämmende Abstandhalter verringern. Abb. 6 zeigt eine Auswahl von Holz-, Holz-Alu- und Kunststoff-Rahmenschnitten verschiedener zertifizierter Hersteller.

Darüber hinaus sollte beim Einsatz eines Fensters mit hohen thermischen Qualitäten auf die Vermeidung von Wärmebrücken beim Einbau geachtet werden. Durch einen "falschen" Einbau (beispielsweise in der Mauerwerksebene einer Massivwand mit Wärmedämmverbundsystem) wird die gute Wärmedämmung von Passivhaus tauglichen Fensterrahmen zu einem großen Teil wieder zunichte gemacht: Der U-Wert des eingebauten Fensters kann dann durchaus von 0,80 (nicht eingebaut) auf 1,2 W/(m²K) steigen; der Zuwachs entspricht den Wärmeverlusten von etwa 3 m² zusätzlicher Außenwandfläche pro Quadratmeter Fensterfläche. Aus diesem Grund werden bei der Zertifizierung auch Einbaudetails geprüft.

Abb. 7:  Hocheffiziente Lüftungswärmerückgewinnung mit Gegenstromwärmetauscher und elektronisch kommutierten Gleichstromlüftern

Schon beim ersten Demonstrationsgebäude in Darmstadt Kranichstein wurde ein hocheffizienter Gegenstrom-Luft/Luft-Wärmetauscher eingesetzt. Der jährliche Stromverbrauch liegt zwischen 200 und 400 kWh/Wohnung. Die zurückgewonnene Wärme liegt demgegenüber bei 3000 bis 4000 kWh/a, das bedeutet eine Heizzahl von mehr als 10 (rückgewonnene Wärme im Verhältnis zum Stromverbrauch). Diese hohe Stromeffizienz wird durch den Einsatz von elektronisch kommutierten Gleichstrommotoren erreicht.

Der Bau des ersten Demonstrationsgebäudes ist durch das hessische Umweltministerium gefördert worden. Die Architekten waren Prof. Bott/Ridder/Westermeyer. Das Vierfamilienhaus wurde im Oktober 1991 fertiggestellt und wird seither von vier Familien bewohnt. Das Konzept beruht auf höchster Wärmedämmung, optimierter passiv-solarer Energienutzung und hocheffizienter Wärmerückgewinnung. Im Haus wurde über mehr als 10 Jahre ein sehr sorgfältig aufgebautes Messdatenerfassungssystem betrieben

In Passivhäusern folgen die Energieströme wieder dem menschlichen Maß
Jedes Symbol in Abb. 8 "Heizlast Darmstadt Kranichstein" repräsentiert einen Tagesmittelwert der gemessenen Heizlast im Passivhaus Darmstadt Kranichstein. Hierbei wurde die Heizlast aller vier Reihenhäuser gemessen und durch die gesamte Wohnfläche geteilt (4 * 156m²). In der Zeit vor Ende Oktober und nach Ende Februar wurde in diesem Gebäude nie geheizt: Der Heizwärmebedarf konzentriert sich auf die Kernzeit des Winters, d.h. November bis Februar. Die gemessene maximale Heizlast war nie höher als 7 W/m². Das ist extrem gering, für eine ganze Wohnung beläuft sich die benötigte Heizleistung auf maximal 1,1 kW.

Abb. 8: Messwerte der Heizlast im Passivhaus Kranichstein: So gering, dass mit der Glühlampe geheizt werden könnte.

Dies kann in einfacher Weise veranschaulicht werden: Betrachtet man ein Wohnzimmer mit 20 m² Wohnfläche, so ergibt sich eine Spitzenlast von 140 Watt. Diese Wärmelast kann bequem von der fühlbaren Wärme eines Erwachsenen und eines Kindes bzw. der Leistung von zwei gewöhnlichen Glühlampen abgedeckt werden. Im Passivhaus bewegen sich die erforderlichen Energieströme wieder im natürlichen Bereich.

Wärmepumpenkompaktaggregat für Passivhäuser 
Abb. 9: Wärmepumpenkompaktaggregat für Passivhäuser: Die gesamte Haustechnik für Heizung, Warmwasser und Lüftung ist in einem Kompaktgerät von Gefrierschrankgröße vereint.

Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist im Passivhaus ohnehin unverzichtbar. Wie schon zuvor gezeigt, reicht dann ein kleiner Nacherhitzer im Zuluftstrang aus, um das ganze Gebäude zu beheizen. Die Wärme für die Zuluftnachheizung kann z.B. aus dem Warmwasserbereitungssystem kommen; die Verhältnisse werden umgedreht: Bisher hat man mit der Heizanlage noch „nebenbei“ Warmwasser bereitet; im Passivhaus kann die geringfügige Restheizung mit der Warmwasserbereitung einfach "nebenbei" erledigt werden.

Eine Möglichkeit hierfür ist im Prinzipbild von Abb. 9 dargestellt: Eine Kleinstwärmepumpe (ca. 300 bis 400 W elektrische Leistungsaufnahme und 1200 bis 1400 W Wärmeleistung, ein Kompressor aus der Kühlgeräteserie) entnimmt Quellwärme aus der Fortluft des Luft/Luft-Wärmetauschers. Diese ist ohnehin gefasst, jedenfalls wärmer als die Außenluft und enthält die gesamte Latentwärme des im Haus freigesetzten Wasserdampfes.

Wenn, wie es hierfür empfohlen wird, ein Erdreichwärmetauscher in der Frischluft vorgeschaltet ist, fällt die Fortlufttemperatur in der Regel nicht unter 10 °C. Wenn die Fortluft nun auf 0 bis 2 °C abgekühlt wird, lässt sich ein Wärmestrom von 500 bis 800 W am Verdampfer entnehmen. Ein äußerst einfaches Kompaktsystem kann somit die gesamte Lüftung, Heizung und Warmwasserbereitung in einem Passivhaus übernehmen.

Mit diesem System ist es möglich, fast den gesamten Bedarf für Warmwasser und den Restbedarf der Raumheizung mit einem Stromeinsatz von 1000 bis 2200 kWh/a zu decken. Eine thermische Solaranlage kann den Strombedarf um rund 25% senken. Mehrere Hersteller bieten Wärmepumpenkompaktgeräte an, einige dieser Geräte sind bereits vom Passivhaus Institut zertifiziert.

Mit einem solchen Kompaktaggregat kann die gesamte Lüftung, Heizung und Warmwasserbereitung in einem Gerät von Größe und Aussehen eines Haushaltskühlschranks geleistet werden - mit einem Gesamtstromverbrauch, der auch nicht höher ist als der einer alten Kühl/Gefrier-Kombination. Vom Prinzip her könnten die Kosten für ein derartig einfaches System schon mittelfristig sehr gering sein.

Passivhäuser: eine kosteneffiziente Perspektive

Kapitalisierte Gesamtkosten 
Abb. 10: Kapitalisierte Gesamtkosten als Funktion des Jahresheizwärmebedarfs

Wenn die Effizienz von Gebäuden durch dickere Dämmung, Passivhaus-Fenster und hocheffiziente Wärmerückgewinnung verbessert wird, so sinkt der Jahresheizwärmebedarf; zugleich steigen aber die Erstellungskosten für das Gebäude (blaue Kurve in Abb. 10). Diese steigen sogar umso mehr, je niedriger der bereits erreichte Verbrauch ist - dies ist als "Gesetz des schwindenden Grenznutzens" bekannt. Auf den ersten Blick scheint es daher keine Chance zu geben, die Heizwärmebedarfswerte mit vertretbarem ökonomischem Aufwand unter etwa 30 kWh/(m²a) zu drücken. Weil dies die weitverbreitete Ansicht der Bauträger in Europa war, gab es nur wenige Versuche, Gebäude mit noch besserem Wärmeschutz zu errichten.

Wird aber die Heizlast unter den Schwellenwert von 10 W/m², entsprechend einem Jahresheizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a), gesenkt, dann kann auf ein konventionelles Heizsystem verzichtet werden. Die Kosten hierfür lassen sich einsparen; dies allein kann einen großen Teil der Mehrkosten für die hocheffiziente Lüftung, die besseren Fenster und die Wärmedämmung finanzieren. Darüber hinaus sind die Betriebskosten eines Passivhauses extrem niedrig (100 bis 200 Euro Heizkosten im Jahr); bezieht man die kapitalisierten Energiekosten mit ein, so können heute Passivhäuser gebaut werden, deren Lebenszykluskosten geringer sind als diejenigen eines Neubaus nach Energieeinsparverordnung. Durch die wachsende Zahl von Komponenten-Herstellern werden die baulichen Mehrkosten von Passivhäusern in Zukunft weiter sinken.

Bereits im Prototyp-Passivhaus in Darmstadt waren alle vier Haushalte mit allen großen, heute üblichen Haushaltsgeräten ausgestattet, alle jedoch mit sehr hoher Energieeffizienz:

Die hohe Stromeffizienz im Passivhaus trägt auch dazu bei, die inneren Wärmelasten im Sommer gering zu halten: Dadurch fällt es leichter, auch in Hitzeperioden ein gutes sommerliches Innenklima aufrecht zu erhalten. Dies ist in den Häusern in Kranichstein hervorragend gelungen.

Durchschnittlich wurden Anfang der 1990er Jahre in einem deutschen Haushalt ca. 32 kWh/(m²a) an Haushaltsstrom verbraucht (Gesamtverbrauch ohne Speicherheizung, dieser Wert hat sich aufgrund gegenläufiger Tendenzen bei der Geräteausstattung und -effizienz seither kaum verändert). In den Passivhäusern in Darmstadt zeigen die Verbrauchsmessungen, dass der Stromverbrauch trotz der Zusatzanwendung "Wohnungslüftung" mehr als halbiert werden konnte

Kapitalisierte Gesamtkosten

Abb.11: Gemessener Energieverbrauch im Passivhaus
In Abb. 11 werden die Ergebnisse für den gesamten Energieverbrauch der vier Reihenhäuser des Passivhauses in Darmstadt dargestellt:

  • der Endenergieverbrauch für Raumheizung lag im Mittel bei 10 kWh/(m²a) Erdgas - inkl. der Verluste des Heizsystems und der Wärmeverteilung,
  • dazu kamen 7,3 kWh/(m²a) Erdgas für die Nachheizung des im Wesentlichen mit der Solaranlage erwärmten Warmwassers,
  • die Gasherde verbrauchten 2,7 kWh/(m²a)
  • und Haushaltsstrom, Lüftung und alle übrigen Stromverbräuche inkl. Solarregelung und Pumpen addierten sich zu durchschnittlich 14 kWh/(m²a) an Elektrizitätsverbrauch.

Damit beträgt der gesamte Endenergieverbrauch für alle Anwendungen in diesem Haus etwa 30-34 kWh/(m²a); dieser Wert war stabil für alle vier Wohnungen und den gesamten Messzeitraum von mehr als sechs Jahren. Verglichen mit einem durchschnittlichen Neubau betrugen die gemessenen Energieeinsparungen mehr als 78%.

Kapitalisierte Gesamtkosten

Abb. 12: Folgeprojekte: 22 Passivhäuser im kostengünstigen Wohnungsbau/Wiesbaden

Das Passivhaus-Demonstrationsvorhaben in Darmstadt war so erfolgreich, dass eine Vielzahl von Folgeprojekten einige Jahre später errichtet wurden. Abb. 12 zeigt beispielhaft eine Siedlung mit 22 Passivhäusern, die vom Bauträger Rasch&Partner 1997 in Wiesbaden fertiggestellt wurden. Diese Häuser wurden im kostengünstigen Wohnungsbau errichtet, zu Bauwerkskosten von weniger als 2100 DM/m² (1.074 €).

Im Jahr 1998 wurde für das Projekt "CEPHEUS - Cost Efficient Passive Houses as European Standards“ („Kostengünstige Passivhäuser als europäische Standards") eine Förderung durch das Thermieprogramm der Europäischen Union gewährt. Im Rahmen des Projektes wurden in fünf europäischen Ländern 258 Wohnungen als kostengünstige Passivhäuser errichtet und messtechnisch begleitet.

Eine der CEPHEUS-Siedlungen wurde 1999 in Hannover errichtet. Es entstanden 32 zweigeschossige Reihenhäuser in unmittelbarer Nähe des Stadtteilzentrums. Im gesamten Entwicklungsgebiet wurden etwa 3000 Wohneinheiten gebaut. Hätten alle diese Wohnungen den Passivhaus-Standard erreicht, so ergäbe sich eine interessante Perspektive:

In der Nähe der Siedlung waren drei Standorte für Windkraftanlagen der 1,5 MW-Klasse reserviert. Der gesamte von solchen Anlagen erzeugte Strom würde ca. 8,1 Mio kWh/a betragen. Dies ersetzt mehr Primärenergie als der gesamte Energieverbrauch einer Passivhaus-Siedlung mit 3000 Wohneinheiten ausmacht.

Das Beispiel zeigt, dass es möglich ist, Passivhäuser allein auf der Basis von erneuerbaren Energieträgern zu versorgen. Wären die 3000 Wohneinheiten dagegen nicht besser als der damals übliche Durchschnitt von Neubauten gebaut worden, so wären mindestens 14 Windkraftanlagen der angegebenen Größe erforderlich, um ihren Primärenergieverbrauch auszugleichen. Dafür gibt es in der Nähe der Siedlung keine Standorte - von den Kosten ganz zu schweigen.

Kapitalisierte Gesamtkosten 
Abb. 13: Kostengünstige Passivhäuser am Standort Hannover Kronsberg: die Nullenergiesiedlung

Die Passivhäuser in Hannover Kronsberg wurden dabei in extrem kostensparender Bauweise errichtet; sie waren nicht teurer als neue Niedrigenergiehäuser (Baujahr 1997) am gleichen Standort. Aber in diesem Angebot waren zwei Extras enthalten:

Mit der Passivhaustechnik ist es damit möglich geworden, zu vertretbaren Kosten ganze Siedlungen mit einem derart kleinen verbleibenden Energieverbrauch zu errichten, dass die Möglichkeit besteht, den geringfügigen Rest zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten allein aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Nicht das eneregieautarke Haus, wohl aber die Nullenergiesiedlung sind damit ohne Weiteres technisch wie ökonomisch realisierbar.

Der Autor bedankt sich bei den Architekten Prof. Bott, Ridder und Westermeyer, welche das erste Passivhaus in Darmstadt entworfen haben; bei Prof. Bo Adamson von der Universität Lund, der das Passivhaus-Konzept maßgeblich vorangebracht hat; beim Hessischen Umweltministerium, von dem das Mess- und Forschungsprogramm finanziert wurde; bei Johannes Werner vom Ingenieurbüro "ebök", welcher das Messprogramm geleitet hat; bei Dr. Witta Ebel (IWU, Darmstadt), die die Forschungen zur Stromeffizienz durchgeführt hat; bei Karl-Heinz Fingerling (isofach, Kassel), der die ersten Superrahmen für das Passivhaus entwickelt hat; bei Folkmer Rasch (Rasch&Partner, Darmstadt), welcher die ersten kostengünstigen Passivhäuser errichtet hat; bei Helmut Krapmeier (Energie Institut Vorarlberg) und Manfred Görg (Stadtwerke Hannover), die wesentliche Verantwortung innerhalb des CEPHEUS-Projektes übernommen haben sowie bei den Trägern des "Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser": Hessisches Umweltministerium, Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen, PreussenElektra AG, Stadtwerke Hannover AG, VEBA, LEG - Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen.

 

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