Energie ist eine Erhaltungsgröße
- sie geht nicht verloren. Allerdings kann Energie das Gebiet, in
welchem der Nutzen aus der Energiedienstleistung gewonnen wird,
verlassen. Dies bezeichnen wir als "Energieverlust",
obwohl die Energie nur an einem anderen Ort und in einer anderen
Form vorliegt.
Schon diese einleitenden
Sätze zeigen, dass Energiebilanzen immer nur für ein abgegrenztes
räumliches Gebiet mit klar definierten Grenzen aufgestellt
werden können. Die Grenze dieses Gebietes nennt man die Hülle.
Im Fall der Heizung oder
Klimatisierung ist das interessierende Gebiet der "beheizte
oder klimatisierte Raum". Genauer: Es umfasst alle die
Bereiche in einem Gebäude, in denen behagliche thermische Bedingungen
herrschen sollen. Meist ist es praktisch, auch "passiv mitbeheizte"
Bereiche in die Bilanz einzubeziehen, wenn sich die Bilanzhülle
dadurch vereinfacht. Überhaupt wird die Wahl der Bilanzhülle
vor allem unter pragmatischen Gesichtspunkten gesehen: Bei einem
Gebäude ist es besonders praktisch, die Bilanzgrenze an der
Außenseite der wärmedämmenden Außenbauteile
zu wählen (Abb. 1).
Die Heiz- oder Klimatisierungsaufgabe
besteht gerade darin, die Temperatur innerhalb des betrachteten
Gebietes (des Gebäudes) behaglich, d.h. konstant zu halten
(Diskussion).
Betrachten wir einen
Wärmestrom, der von innen durch die Hülle aus dem Bilanzgebiet
herausströmt, z.B. mit warmer Luft, die durch ein Fenster entweicht:
Ein solcher "Wärmeverlust" würde
zunächst die Innere Energie im Bilanzgebiet verringern; das
würde bedeuten, dass die Temperatur im Gebäude absinkt.
Genau dies soll für ein behagliches Wohnen aber vermieden werden.
Dies kann nur dadurch erfolgen, dass die herausgeströmte Energie
ersetzt wird: Ein weiterer Wärmestrom muss nun von außen
nach innen in Bewegung gesetzt werden, um das Temperaturniveau zu
halten.
An dieser Stelle ein
wichtiger Hinweis: Die Notwendigkeit, Wärme zuzuführen,
entsteht überhaupt nur durch das Auftreten von Wärmeverlusten.
Gerade wegen der Energieerhaltung bleibt ein Haus eigentlich
von selbst warm - so lange es keine Wärme verliert. Dummerweise
sind die Mechanismen, mit denen Systeme mit höherer Temperatur
Wärme an eine kältere Umgebung übertragen, vielseitig
und sehr wirkungsvoll. Wenn man das wärmere System nicht bewusst
abschottet ("wärmedämmt") fließt sehr
viel Wärme durch Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung
ganz von selbst in die kältere Umgebung ab. "Heizen"
ist also immer nur der Ersatz von Wärmeverlusten - und ist
daher durch effizientere Vermeidung von Verlusten beliebig
reduzierbar.
Bei der Heizaufgabe haben
wir andererseits Glück: Es gibt auch freie "Wärmegewinnströme":
z:B. die durch die Fenster von außen nach innen eingestrahlte
Sonnenstrahlung (sog. passive Solarenergie) und
die Energie, die über die Stromversorgung ins Haus kommt und
die im innern des Hauses in sog. "innere Wärmequellen"
umgesetzt wird. Zu diesen zählt auch die Wärmeabgabe der
Personen, die sich im Gebäude aufhalten. Auch diese Energie
wird übrigens von außen über die Hülle herein
gebracht - wenn die Personen das Haus betreten bzw. wenn Nahrungsmittel
ins Gebäude gebracht werden.
Unter den
hier beschriebenen vereinfachten Bedingungen ist die Energiebilanz
des Gebäudes ganz einfach aufzustellen:
Die
Summe der Wärmeverlustströme
ist
gleich
der
Summe der Wärmegewinnströme.
Da sich die Wärmeverluste
ganz einfach und relativ genau berechnen lassen (sie hängen
im Wesentlichen von der Dämmung
ab) und innere Wärmequellen sowie passiv genutzte Solarenergie
gut genug abgeschätzt werden können, kann man mit der
Energiebilanz die noch erforderliche Heizwärmezufuhr ausrechnen.
Nur ein kleines
Problem verbleibt dabei: Die Höhe der "überschüssigen"
Solargewinne: Das ist der Anteil an freier Wärme, der nicht
ausgenutzt werden kann - dieser erfordert eine genauere Bestimmung.
Mit Simulationsprogrammen, die in der Lage
sind, Energiebilanzen in kurzen Zeitabschnitten zu bestimmen, lässt
sich das Problem lösen, wenn auch mit einem gewissen Aufwand.
Zum Glück gibt es dafür heute gut erprobte vereinfachte
Formeln, die z.B. in der europäischen Norm EN 832
(unzwischen international gefasst als ISO 13790) zu
finden sind. Für die praktische Anwendung haben wir diese Zusammenhänge
in das "Passivhaus
Projektierungs Paket" integriert.
Mit diesen Erkenntnissen
ist nun sehr einfach zu verstehen, wie ein Passivhaus funktioniert.
In unserer Animation (links unten) haben wir
das illustriert. Das Konzept "Passivhaus" beruht somit
vor allem darauf, die Wärmeverluste des Gebäudes zu reduzieren.
Dann reichen die freien Wärmegewinne nahezu aus, um ein komfortables
Temperaturniveau zu halten. Wärmeverluste reduzieren - das
bedeutet vor allem: gute
Wärmedämmung, Passivhausfenster
und hocheffiziente Wärmerückgewinnung
aus der Abluft. Schritt für Schritt kann so die Energiebilanz
verbessert werden und Schritt
für Schritt wird der Passivhaus Standard erreicht.
Energiebilanzen können
auch bei anderen Energieanwendungen helfen, die wichtigsten Energieströme
und Energieverluste zu erkennen. Das ist bereits der wichtigste
Schritt, um die Verluste zu reduzieren (Beispiele).
Dieser
Link führt zu Basisinformationen zum Thema Passivhaus.
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Autor:
Dr. Wolfgang Feist, Leiter des PHI
Link zur Homepage des Passivhaus Institutes:
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aktualisiert:
30.11.2007
©
Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der
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