Ist dieses Thema wichtig? - Eigentlich nicht besonders; es handelt sich
um eine reine Vereinbarungsfrage. Wichtig ist die substantielle Qualität
- wenn diese nun aber unter Bezug auf eine Referenzgröße,
nämlich die Energiebezugsfläche, bewertet wird (sprich: es
wird durch diese Fläche geteilt), dann sind Vergrößerungen
der Referenzgröße ein beliebtes Mittel zur Schönfärberei.
Und dann muss eben auch bei einem eigentlich unwichtigen Thema für
Transparenz gesorgt werden.
Die
Kernanforderung ist Transparenz: immer, wenn
Kennwerte angegeben werden (gemessen in kWh/(m²a)), muss dabei
stehen, auf welche Bezugsfläche sich diese Kennwerte beziehen.
Allen anderen Zahlen sollten mit Vorsicht behandelt - und im Zweifel
mit der Annahme der größtmöglichen Bezugsfläche
bewertet werden. |
m² m²
m² m²
|
Die Basis aller Angaben
ist eine Energiebilanz. Die Erstellung
der Energiebilanz ist von der (späteren) Wahl der Energiebezugsfläche
unabhängig. Das Ergebnis der Energiebilanz ist ein absoluter
Jahresenergiebedarf (rechnerisch) oder ein messtechnisch erfasster
absoluter Jahresenergieverbrauch. Beides angegeben in Energieeinheiten
pro Jahr (üblicherweise kWh/a). Wenn Zweifel an Kennwertangeben
vorliegen, ist es häufig am einfachsten, nach dem absoluten
Jahresenergiebedarf bzw. Jahresenergieverbrauch zu fragen. Her gibt
es zumindest bei der Bezugsgröße keine Konfusion. (Wohl
bei der Stufe im Energieversorgungssystem: ist es Nutzenergie (z.B.
Heizwärme) oder Endenergie (z.B. Strom) oder Primärenergie?
Auch das muss angegeben werden.)
|

absolut: 1753 kWh/a
|
Warum
überhaupt Kennwerte?
Wenn die Einführung
von durch Bezugsflächen dividierten absoluten Verbräuchen
Anlass zur Verwirrung stiften, warum führen wir diese dann
überhaupt ein? Warum verwenden wir nicht einfach grundsätzlich
die absoluten Jahresbedarfs- oder Verbrauchswerte?
Ganz einfach: Gebäude
sind sehr unterschiedlich groß. Vom kleinen freistehenden
Einfamilienhaus bis zum Turm-Wohnpark mit 3000 Wohneinheiten.
Absolute Verbrauchszahlen sagen daher nicht viel aus. Vielmehr
muss der Verbrauch (Aufwand) in Relation zum Nutzen
gesehen werden. Was aber ist der Nutzen? Das ist nicht von vorn
herein evident - und deswegen gibt es dazu verschiedene Positionen.
|
Welches
ist die "richtige" Bezugsgröße?
|
Die "richtige" Bezugsgröße gibt es nicht,
sondern nur mehr oder weniger "gut" geeignete. Borsch-Laaks
und andere haben vorgeschlagen, beim Wohngebäude auf die
Zahl der Personen, die in einem Haus wohnen,
zu beziehen (kWh/Person/a). Doch was passiert dann, wenn die Kinder
ausziehen? Als Maßstab für die Qualität des Gebäudes
ist der personenbezogene Kennwert nicht geeignet. Und
es ist schon sinnvoll, einen Maßstab für die Qualität
des Gebäudes zu verwenden.
Andere (der VDI z.B.)
ziehen das Brutto-Volumen V als Bezugsgröße
vor (kWh/m³). Böse Zungen behaupten, dass dann der Heizwärmebedarf
mit zunehmender Dämmdicke allein dadurch abnimmt, dass sich
das Bezugsvolumen vergrößert. Das ist natürlich
Unsinn - aber auch andere Totvolumina verbessern dann den Energiekennwert,
wie z.B. die großen Lufträume in unserem Objektbeispiel
im Norden des OG. Das führt zu Fehloptimierungen: Volumina
werden größer gebaut, als wirklich nötig und bekommen
dann dazu auch noch bessere Kennwerte. Das ist nicht zweckmäßig.
Die "Nutz"fläche
AN nach der deutschen Energieeinsparverordnung
ist ein einfach nur auf eine Fläche linear umgerechnetes
Bruttovolumen:
AN=
0,32 m -1 V
Diese
"Fläche" kann man nirgendwo als Fläche messen
- sie ist ein rein rechnerischer Wert - auch sie steigt mit dem
Dämmvolumen und mit jeder Art von Totvolumen, ist somit genauso
unzweckmäßig.
Die Bruttogeschossfläche
ABGF ist die Fläche des Rohbaus in Höhe
der Geschosse. Sie ist sehr einfach zu ermitteln - enthält
aber auch alle definitiv nicht nutzbaren Bereiche wie die Innen-
und Außenwandquerschnitte, Erschließungsflächen
usw. ABGF ist die größte
unter den hier zur Diskussion stehenden Flächen. Sie wird
gern in der Schweiz verwendet (z.B. durch MINERGIE®).
Dadurch sehen die Schweizer Werte immer so gut aus!
Die Wohnfläche
AWF ist durch die tatsächlich betretbaren
und mit Mobiliar bestellbaren Flächen, soweit es nicht Abstellflächen
sind, definiert. Ein Nachteil ist, dass die Wohnfläche nicht
weltweit einheitlich, sondern jeweils in nationalen Normen (und
durchaus unterschiedlich) festgelegt wird. Diese Festlegung ist
meist das Ergebnis von Verhandlungen der jeweiligen Vermieter-
und Mieterverbände. Zur Wohnfläche gehören i.A.
auch Außenflächen, die dann allerdings nur anteilig
(z.B. ½) gerechnet werden - in unserem Beispiel sind es
die Balkone und die Flächen im Nordglashaus.
Die beheizte
Wohnfläche AbehWF ist durch die Wohnfläche,
sofern sie sich innerhalb der thermischen Hülle befindet.
Diese Fläche ist ein gutes Maß für den durch die
Heizung gelieferten "Nutzen". Der Nachteil, dass es
sich um nach nationalen Regelungen zu bestimmende Flächen
handelt, bleibt.
|

zum Vergleich: für dieses Gebäude ist
Flächentyp |
Fläche
in m² |
Bruttogeschossfläche
|
212 |
Fläche
AN der EnEV |
207 |
Wohnfl. inkl.
Außenflächen
|
183 |
beheizte Wohnfläche |
156 |
TFA |
157 |
|
Um die
Vorteile der Wohnfläche als Bezugsgröße zu behalten,
sich aber von den nationalen Unterschieden zu befreien, wurde
im Projket CEPHEUS die "treated floor area"
TFA eingeführt. ATFA
unterscheidet sich nur wenig von der beheizten Wohnfläche.
(Zur Definition vgl. →TFA)
|
Wie
wirkt sich das auf die Ergebnisse aus? |
Das ist ganz einfach
- die substantiellen Ergebnisse ändern sich gar nicht - es
wird immer gleich viel Energie verbraucht, welche Bezugsfläche
auch immer gewählt wird. Rein subjektiv sehen die Ergebnisse
natürlich besser aus, wenn die Bezugsfläche größer
wird. Das sind im Beispiel bis zu 26%, es können sich in
anderen Beispielen auch über 30% Unterschied ergeben.
Unwichtig? - Im Grunde
ja, es sei denn...
|
1753
kWh/a
sind bezogen auf |
Kenn-wert
kWh
(m²a) |
% |
Bruttogeschossfläche
|
8,3 |
74% |
Fläche AN
der EnEV |
8,5 |
75% |
Wohnfl. inkl.
Außenflächen
|
9,6 |
85% |
beheizte Wohnfläche |
11,2 |
100% |
TFA |
11,2 |
100% |
|
...die
Anforderungen sind als Kennwert festgelegt. |
Wie das z.B. bei der EnEV, aber auch beim Passivhaus (15 kWh/(m²a))
der Fall ist. Dann darf die Berechnung der Kennwerte selbstverständlich
nur unter Bezug auf die Energiebezugsfläche erfolgen,
die auch der Anforderung zu Grunde liegt.
So wird aus einem reinen Formproblem eine substantielle Frage:
Unterbietet ein Gebäude 15 kWh/(m²a) nur unter
Bezug auf die Bruttogeschossfläche - dann ist es kein Passivhaus,
denn der Passivhaus-Grenzwert ist auf die TFA bezogen. Und das
kann richtig schmerzhaft werden: Denn der Anforderungswert 15
kWh/(m²{Wohnfläche}a) ist gerade so bestimmt worden,
dass ein Passivhaus mit einer solchen Dämmqualität auch
als Passivhaus funktioniert.
Hat eine Gebäude in Wahrheit bezogen auf Wohnfläche
einen Jahresheizwärmebedarf von 20 kWh/(m²a), dann kann
es sein, dass die Auslegung des Passivhaus-Heizsystems gar nicht
ausreicht. Im schlimmsten Fall bleibt dann das "Nochnichtpassivhaus"
kalt.
Deshalb
ist es wichtig, alle flächenbezogenen Angaben auf die Flächen
zu beziehen, die dem Anforderungswert zugrunde liegen. Beim
Passivhaus ist diese Fläche die beheizte Wohnfläche
- aus guten Gründen, denn ein Balkon ist für die Heizung
ebenso wenig relevant wie eine Treppe oder ein Innenwandquerschnitt
oder irgendein anderes nicht nutzbares Volumen. Es gehört
mit zur Bauaufgabe, diese irrelevanten Flächen nicht ausufern
zu lassen; auch dadurch wird das Bauen teurer und ineffizienter.
|
Eine
letzte Bemerkung
Weder
der Funktion noch dem Umweltschutz ist gedient, wenn Kennwerte einfach
dadurch "verbessert" werden, dass die Bezugsfläche
hochgesetzt wird. Das spart keine Energie - und es reduziert den
CO2-Ausstoß nicht. |
|
PHPP
Das Passivhaus Projektierungspaket ist ein Tool,
mit dem ein Passivhaus ausgelegt und die Planung optimiert werden
kann. Alle wichtigen Planungsdetails für ein Passivhaus werden
unterstützt: Dämmung, Luftdichtheit, Wärmebrückenreduktion,
Passivhausfenster, Lüftung, Heizlast, Wärmebereitstellung,
Sommer-Behaglichkeit u.a. Das Handbuch zum PHPP enthält zudem
praktische Tipps für die Planung und den Bau von Passivhäusern.
Kernbestandteil des PHPP-Tools ist die Energiebilanz des Gebäudes.
Näheres zum PHPP finden Sie unter PHPP-Beschreibung. |
|
Dieser
Link führt zu Basisinformationen zum Thema Passivhaus.
|
Autor:
Dr. Wolfgang Feist,
Leiter des PHI
Link zur Homepage des Passivhaus Institutes:
|
|
|
Berechnung der
TFA (treated floor area)
Die Berechnungsvorschrift
wurde in einigen Punkten vereinfacht und an die Erfordernisse der
Energiebilanzierung angepasst. Beheizte Nebenräume werden in
diesem Verfahren berücksichtigt.
- Zur Berechnung
der TFA ist zunächst die thermische Hülle festzulegen.
Sie wird durch die Außenoberflächen der wärmegedämmten
Außenbauteile gebildet. Die thermische Hülle enthält
alle beheizten Räume. Sie bildet zugleich die Bilanzgrenze
für die Energiebilanz. In die TFA gehen nur Flächen
innerhalb der thermischen Hülle ein.
- Die TFA
einer Wohnung oder eines Hauses ist die Summe der TFAs der zur
Wohnung gehörenden Wohnräume. Als Wohnraum gelten alle
Räume innerhalb einer Wohneinheit, die entweder oberirdisch
gelegen sind oder deren Fensterfläche mindestens 10 % der
Grundfläche ausmacht. Treppen mit mehr als 3 Stufen, Treppenabsätze
und Aufzüge zählen nicht zum Wohnraum.
- Keller,
Technikräume u.ä. innerhalb der thermischen Hülle,
die keine Wohnräume sind, werden zur 60% angerechnet.
- Berechnung
der Grundfläche:
4.1 Die Grundfläche eines Raumes wird aus den Rohbaumaßen
ermittelt. Ein Abzug für Putz usw. ist nicht vorzunehmen.
4.2 Als Rohbaumaße sind die lichten Maße zwischen
den Wänden anzusetzen ohne Berücksichtigung von Wandgliederungen,
Wandbekleidungen, Fuß- und Scheuerleisten, Öfen, Heizkörpern
usw.
- Schornsteine,
Pfeiler, Säulen usw. mit weniger als 0,1 m² Grundfläche
werden nicht von der EBF abgezogen.
- Tür-
und Fensternischen werden nicht berücksichtigt
- Schrägen:
7.1 Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens 2 Metern
werden voll angerechnet.
7.2 Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens 1 und
weniger als 2 Metern werden zur Hälfte angerechnet.
aktualisiert:
19.05.2007
©
Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der
Quelle gestattet |
|