freie Lüftung schwankt
Bild 1: Wind und Wetter schwanken - dementsprechend der Luftaustausch bei freier Lüftung. Soll dieser auch an windarmen Tagen ausreichen, ist der Wärmeverlust bei stärkerem Wind unerträglich hoch.

Cartoon Fensterlüftung
Bild 2: Gar nicht so einfach...

kalte Außenluft strömt herein
Bild 3: Wärmebildaufnahme eines Außenluftdurchlasses einer Abluftanlage. Eine akzeptable Lösung für ein Niedrigenergiehaus, wenn der Heizkörper unter dem Durchlass steht (Grafik: ebök). Für ein Passivhaus ist die einfallende Kaltluft nicht akzeptabel.


Bild 4: Gerichtete Durchströmung einer Wohnung bei Komfortlüftung (Grafik: PHI)


Bild 5: Wärmebildaufnahme eines geöffneten Gegenstrom-Wärmerückgewinnungs-Gerätes. Der eigentliche Wärmeübertrager ist als Sechseck erkennbar. Er holt mehr als 75% der fühlbaren Wärme aus der Fortluft zurück. (Aufnahme: PHI).



Bild 6: Beispiele von Lüftungsgeräten für das Passivhaus. Diese und weitere Anlagen werden auf der Begleitausstellung gezeigt.

 

 

 

 

 

 

Lüftung im Passivhaus –
höchste Effizienz ist unverzichtbar

Eine vom Frischluftbedarf gesteuerte Komfortlüftung ist eine notwendige Komponente in jedem Passivhaus. Die Gründe dafür sind:

  • Ein regelmäßiger und gesicherter Luftaustausch in der kalten Jahreszeit ist nur mit einer gezielten Komfortlüftung möglich – das gilt auch für ganz gewöhnliche Neubauten. In keinem Fall zufriedenstellend ist eine Fugenlüftung durch Undichtheiten (vgl. auch das Thema „Luftdichtheit“): Wind und Temperaturantrieb schwanken nämlich in Mitteleuropa zu stark. In einem Haus, das undicht genug für einen gerade noch ausreichenden Luftwechsel bei schwachem Antrieb ist, zieht es dann bei starkem Wind unerträglich (Bild 1). Alle Neubauten in Deutschland sind seit mehr als einem Jahrzehnt bereits so dicht gebaut, dass der Fugenluftwechsel für eine ausreichende Innenluftqualität bei weitem nicht ausreicht. Ganz abgesehen davon, dass die austretende feuchte Warmluft beim Fugenluftwechsel zu Tauwasserschäden führen kann.
  • Ohne Komfortlüftung kann in Neubauwohnungen ein ausreichender Luftaustausch nur durch eine regelmäßige Stoßlüftung versucht werden: Um einen etwa 0,33-fachen Luftwechsel zu erreichen, müsste man mindestens alle drei Stunden die Fenster für 5 bis 10 Minuten ganz öffnen – auch in der Nacht! In Wahrheit wird viel weniger gelüftet (Bild 2). Dementsprechend schlecht ist die Luftqualität und die Gefahr hoher Luftfeuchtigkeit steigt. Weil wir keine direkte Wahrnehmung der Luftgüte im Raum haben und auch die durch offene Fenster tatsächlich zugeführten Frischluftmengen nicht abschätzen können, ist es selbst für einen Fachmann unmöglich, durch Fensterlüftung den „gerade richtigen“ Luftaustausch zu erreichen. Wird zu wenig gelüftet, ist die Luftqualität schlecht und es besteht erhöhte Tauwassergefahr, wird zuviel gelüftet, ist die Luft zu trocken und es entsteht ein überhöhter Energieverbrauch.
  • Frischluft in „gerade richtiger“ Menge regelmäßig dem Wohnraum zuzuführen, das ist die Aufgabe der Komfortlüftung. Die einfachste Lösung besteht in einer simplen Abluftanlage, die verbrauchte und feuchte Luft aus Küche, WC und Bad abzieht. Dabei strömt (im Winter kalte) Frischluft durch Außenluftdurchlässe in die Wohnräume nach. Diese einfachen Systeme sind inzwischen in Frankreich eine Selbstverständlichkeit; in Schweden besteht seit über 50 Jahren Erfahrung mit den Abluftanlagen. In Deutschland handelt es sich um eine brauchbare Lösung für Neubauten nach der EnEV und für modernisierte (und damit luftdichter gewordene) Altbauten. Für das Passivhaus kommt dieses simple System aber nicht in Betracht: Weil nach wie vor kalte Frischluft in die Räume kommt, ist der Lüftungswärmeverlust zu hoch (Bild 3). Zum einen wird deshalb eine entsprechend hohe Heizleistung mit Wärmeabgabe in der Nähe der Außenluftdurchlässe gebraucht, zum anderen ist der Jahreswärmebedarf dann mindestens doppelt so hoch wie in einem Passivhaus zulässig.
  • Systematische Untersuchungen in Wohnungen haben gezeigt, dass eine gute Luftverteilung auf alle Räume mit Frischluftbedarf und gesicherte Entlüftung von Feuchträumen am besten durch eine geregelte Be- und Entlüftung möglich ist. Dabei wird die frische Zuluft gezielt den Wohn-, Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmern zugeführt. In diesen Räumen gibt es jeweils mindestens einen Zuluftauslass. Wie bei den Abluftanlagen werden Küchen, Bäder, WC´s und andere belastete Räume gezielt entlüftet: Dort gibt es jeweils Abluftauslässe. In der Wohnung stellt sich eine gerichtete Durchströmung ein: Die Frischluft kommt zunächst in die Hauptaufenthaltsräume (Bild 4). Sie strömt dann durch Überströmzonen in die Feuchträume, Dort herrscht ein relativ großer Luftwechsel, so dass z.B. Handtücher schnell trocknen. Durch dieses Grundprinzip der gerichteten Durchströmung wird die Frischluft optimal genutzt: Sie führt zunächst zu hoher Luftqualität in den Aufenthaltsräumen, nimmt die Luftbelastungen aus den Überströmzonen auf (z.B. Gerüche aus abgelegter Kleidung) und dient zuletzt der Entfeuchtung in den Feuchträumen.
  • Zu- und Abluftführung erlauben es nun, Wärme aus der abgeführten verbrauchten Luft zurückzugewinnen. In Wohnungen beträgt der Lüftungswärmeverlust bei ausreichender Lüftung zwischen 20 und 30 kWh/(m²a). Dies wäre ein im Vergleich zu allen anderen Wärmeströmen im Passivhaus sehr hoher Wert. Moderne Wärmeübertrager erlauben es, 75 bis 95% dieser Abluftwärme wieder zurückzugewinnen (Bild 5). Diese hocheffizienten Geräte sind speziell für den Einsatz in Passivhäusern entwickelt worden; sie sorgen für eine saubere Trennung zwischen Abluft und Frischluft, verbrauchen nur wenig Strom und arbeiten leise. Mit einer so hohen Wärmerückgewinnung werden auch die restlichen Lüftungswärmeverluste vernachlässigbar klein: Sie liegen dann nur noch zwischen 2 und 7 kWh/(m²a), eine gute Voraussetzung für ein funktionierendes Passivhaus. Sozusagen nebenbei wird durch die Wärmerückgewinnung die Temperatur der Zuluft auf einen Wert nahe der Raumlufttemperatur angehoben. Dadurch ist die zugeführte Luft im Raum nicht mehr „kalt“. Dies erlaubt es, zusammen mit der sehr guten Wärmedämmung der Gebäudehülle und vor allem der Fenster, mit wesentlich weniger Heizleistung auszukommen und so auch den Installationsaufwand zu verringern.
  • Nur im Passivhaus bietet sich nun ein besonderer Vorteil: Die Möglichkeit zur Heizung mit der Zuluft. Da frische Luft ohnehin in Wohn-, Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmer zugeführt wird, kann diese Luft auch zugleich zur Wärmezufuhr verwendet werden. Da es sich nur um Frischluft (keine Umluft!) handeln soll, die Frischluftmenge begrenzt ist (sonst wird die Innenluft zu trocken) und die Temperatur der Luft nur begrenzt erhöht werden darf, funktioniert die Zuluftheizung nur bei Häusern mit einem sehr kleinen Wärmebedarf – eben bei Passivhäusern. Dadurch werden sehr elegante und platzsparende Lösungen für die Haustechnik möglich, z.B. das Lüftungskompaktgerät.

Passivhäuser haben daher immer eine integrierte Komfortlüftung, und oft ist diese die zentrale Komponente für die gesamte Haustechnik. Nur hochwertige Lüftungstechnik eignet sich für das Passivhaus. Das Passivhaus Institut hat diese in den Anforderungen an Lüftungszentralgeräte zusammengestellt: Neben einem hohem Wärmebereitstellungsgrad muss ein niedriger Stromverbrauch, ein hygienisch einwandfreier Betrieb und eine sehr leise Arbeitsweise gewährleistet sein.

Keine heiße Luft sondern harte Fakten und Praxiserfahrungen werden in der Arbeitsgruppe II der 7. Passivhaustagung zum Thema Passivhaus-Lüftungstechnik referiert. Neuheiten auf dem Gebiet der Passivhaus-Kompaktgeräte werden vorgestellt. Erstmals kommen Komplettgeräte für Lüftung, Warmwasser und Heizung auf den Markt, bestehend aus nur einer Einheit mit Grundfläche 60 cm x 70 cm. Warmwasserspeicher und die Möglichkeit zur Einbindung einer Solaranlage sind bereits integriert (Vortrag von Dr. Bernd Hafner). Die von Dr. Andreas Bührung vorgestellten aktuellen Testergebnisse vom Prüfstand des Fraunhofer-Instituts ISE sowie Messergebnisse aus Feldversuchen auf dem Gebiet der Passivhaus-Kompaktgeräte unterstreichen dieses erfolgversprechende Haustechnikkonzept, das die Lüftungstechnik als festen Bestandteil integriert.
Interessant für Planer und Anlagenbauer dürfte der Beitrag mit Messergebnissen aus der Schweiz (Anne Haas, Viktor Dorer / EMPA Dübendorf) zur Positionierung von Zu- und Abluftdurchlässen und die Folgen für Luft- und Wärmeverteilung im Passivhaus sein.
Erdwärmetauscher, sowohl Luft- als auch soledurchströmt, bilden den dritten Themenbereich dieser Arbeitsgruppe, es werden von Guido Kania neue Produkte sowie Messergebnisse einer realisierten Anlage (Vortrag von Klaus Michael vom Niedrigenergieinstitut) vorgestellt.

Zusammenfassend wird Rainer Pfluger (Passivhaus Institut) im Plenumsvortrag am Samstag, den 22.02.2003 den Entwicklungsstand bei der Lüftungsforschung präsentieren.

Auf der Fachausstellung zur 7. Passivhaustagung werden Komponenten für die Wohnungslüftung im Passivhaus im praktischen Betrieb gezeigt. Vom Luftansauggitter über Kanalformteile, Filtertechnik und Wärmeübertrager bis zum Weitwurfeinlass wird alles zu finden sein. Auch Komplettgeräte für die hocheffiziente Wohnungslüftung werden von mehreren Herstellern ausgestellt. Innovationen sind beim hygienischen Filterbetrieb zu erwarten, bei Lüftungsregelungen und bei Erdwärmetauschern aber auch bei Komplettangeboten von Lüftungssystemen für das Passivhaus.

(veröffentlicht: 24.12.2002    © Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)

Frühere Meldungen:

16.12.02 +++ Passivhausfenster - höchste Qualität +++

10.12.02 +++ Begleitausstellung zur 7. Passivhaustagung +++

25.11.02 +++ Staatssekretär Baake zum Passivhaus +++

18.11.02 +++ Passivhaus erfolgreich           +++

08.11.02 +++ Bestwerte bei Luftdichtheit      +++

15.10.02 +++ Tagungsbeirat hat entschieden+++