Lüftung
im Passivhaus –
höchste Effizienz ist unverzichtbar
Eine vom Frischluftbedarf
gesteuerte Komfortlüftung ist eine notwendige Komponente in
jedem Passivhaus. Die Gründe dafür sind:
- Ein regelmäßiger
und gesicherter Luftaustausch in der kalten Jahreszeit ist nur
mit einer gezielten Komfortlüftung möglich – das
gilt auch für ganz gewöhnliche Neubauten. In keinem
Fall zufriedenstellend ist eine Fugenlüftung durch Undichtheiten
(vgl. auch das Thema „Luftdichtheit“): Wind und Temperaturantrieb
schwanken nämlich in Mitteleuropa zu stark. In einem Haus,
das undicht genug für einen gerade noch ausreichenden Luftwechsel
bei schwachem Antrieb ist, zieht es dann bei starkem Wind unerträglich
(Bild 1). Alle Neubauten in Deutschland sind seit mehr als einem
Jahrzehnt bereits so dicht gebaut, dass der Fugenluftwechsel für
eine ausreichende Innenluftqualität bei weitem nicht ausreicht.
Ganz abgesehen davon, dass die austretende feuchte Warmluft beim
Fugenluftwechsel zu Tauwasserschäden führen kann.
- Ohne Komfortlüftung
kann in Neubauwohnungen ein ausreichender Luftaustausch nur durch
eine regelmäßige Stoßlüftung versucht werden:
Um einen etwa 0,33-fachen Luftwechsel zu erreichen, müsste
man mindestens alle drei Stunden die Fenster für 5 bis 10
Minuten ganz öffnen – auch in der Nacht! In Wahrheit
wird viel weniger gelüftet (Bild 2). Dementsprechend schlecht
ist die Luftqualität und die Gefahr hoher Luftfeuchtigkeit
steigt. Weil wir keine direkte Wahrnehmung der Luftgüte im
Raum haben und auch die durch offene Fenster tatsächlich
zugeführten Frischluftmengen nicht abschätzen können,
ist es selbst für einen Fachmann unmöglich, durch Fensterlüftung
den „gerade richtigen“ Luftaustausch zu erreichen.
Wird zu wenig gelüftet, ist die Luftqualität schlecht
und es besteht erhöhte Tauwassergefahr, wird zuviel gelüftet,
ist die Luft zu trocken und es entsteht ein überhöhter
Energieverbrauch.
- Frischluft in „gerade
richtiger“ Menge regelmäßig dem Wohnraum zuzuführen,
das ist die Aufgabe der Komfortlüftung. Die einfachste Lösung
besteht in einer simplen Abluftanlage, die verbrauchte und feuchte
Luft aus Küche, WC und Bad abzieht. Dabei strömt (im
Winter kalte) Frischluft durch Außenluftdurchlässe
in die Wohnräume nach. Diese einfachen Systeme sind inzwischen
in Frankreich eine Selbstverständlichkeit; in Schweden besteht
seit über 50 Jahren Erfahrung mit den Abluftanlagen. In Deutschland
handelt es sich um eine brauchbare Lösung für Neubauten
nach der EnEV und für modernisierte (und damit luftdichter
gewordene) Altbauten. Für das Passivhaus kommt dieses simple
System aber nicht in Betracht: Weil nach wie vor kalte Frischluft
in die Räume kommt, ist der Lüftungswärmeverlust
zu hoch (Bild 3). Zum einen wird deshalb eine entsprechend hohe
Heizleistung mit Wärmeabgabe in der Nähe der Außenluftdurchlässe
gebraucht, zum anderen ist der Jahreswärmebedarf dann mindestens
doppelt so hoch wie in einem Passivhaus zulässig.
- Systematische Untersuchungen
in Wohnungen haben gezeigt, dass eine gute Luftverteilung auf
alle Räume mit Frischluftbedarf und gesicherte Entlüftung
von Feuchträumen am besten durch eine geregelte Be- und Entlüftung
möglich ist. Dabei wird die frische Zuluft gezielt den Wohn-,
Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmern zugeführt. In diesen
Räumen gibt es jeweils mindestens einen Zuluftauslass. Wie
bei den Abluftanlagen werden Küchen, Bäder, WC´s
und andere belastete Räume gezielt entlüftet: Dort gibt
es jeweils Abluftauslässe. In der Wohnung stellt sich eine
gerichtete Durchströmung ein: Die Frischluft kommt zunächst
in die Hauptaufenthaltsräume (Bild 4). Sie strömt dann
durch Überströmzonen in die Feuchträume, Dort herrscht
ein relativ großer Luftwechsel, so dass z.B. Handtücher
schnell trocknen. Durch dieses Grundprinzip der gerichteten Durchströmung
wird die Frischluft optimal genutzt: Sie führt zunächst
zu hoher Luftqualität in den Aufenthaltsräumen, nimmt
die Luftbelastungen aus den Überströmzonen auf (z.B.
Gerüche aus abgelegter Kleidung) und dient zuletzt der Entfeuchtung
in den Feuchträumen.
- Zu- und Abluftführung
erlauben es nun, Wärme aus der abgeführten verbrauchten
Luft zurückzugewinnen. In Wohnungen beträgt der Lüftungswärmeverlust
bei ausreichender Lüftung zwischen 20 und 30 kWh/(m²a).
Dies wäre ein im Vergleich zu allen anderen Wärmeströmen
im Passivhaus sehr hoher Wert. Moderne Wärmeübertrager
erlauben es, 75 bis 95% dieser Abluftwärme wieder zurückzugewinnen
(Bild 5). Diese hocheffizienten Geräte sind speziell für
den Einsatz in Passivhäusern entwickelt worden; sie sorgen
für eine saubere Trennung zwischen Abluft und Frischluft,
verbrauchen nur wenig Strom und arbeiten leise. Mit einer so hohen
Wärmerückgewinnung werden auch die restlichen Lüftungswärmeverluste
vernachlässigbar klein: Sie liegen dann nur noch zwischen
2 und 7 kWh/(m²a), eine gute Voraussetzung für ein funktionierendes
Passivhaus. Sozusagen nebenbei wird durch die Wärmerückgewinnung
die Temperatur der Zuluft auf einen Wert nahe der Raumlufttemperatur
angehoben. Dadurch ist die zugeführte Luft im Raum nicht
mehr „kalt“. Dies erlaubt es, zusammen mit der sehr
guten Wärmedämmung der Gebäudehülle und vor
allem der Fenster, mit wesentlich weniger Heizleistung auszukommen
und so auch den Installationsaufwand zu verringern.
- Nur im Passivhaus
bietet sich nun ein besonderer Vorteil: Die Möglichkeit zur
Heizung mit der Zuluft. Da frische Luft ohnehin in Wohn-, Arbeits-,
Kinder- und Schlafzimmer zugeführt wird, kann diese Luft
auch zugleich zur Wärmezufuhr verwendet werden. Da es sich
nur um Frischluft (keine Umluft!) handeln soll, die Frischluftmenge
begrenzt ist (sonst wird die Innenluft zu trocken) und die Temperatur
der Luft nur begrenzt erhöht werden darf, funktioniert die
Zuluftheizung nur bei Häusern mit einem sehr kleinen Wärmebedarf
– eben bei Passivhäusern. Dadurch werden sehr elegante
und platzsparende Lösungen für die Haustechnik möglich,
z.B. das Lüftungskompaktgerät.
Passivhäuser haben
daher immer eine integrierte Komfortlüftung, und oft ist diese
die zentrale Komponente für die gesamte Haustechnik. Nur hochwertige
Lüftungstechnik eignet sich für das Passivhaus. Das Passivhaus
Institut hat diese in den Anforderungen an Lüftungszentralgeräte
zusammengestellt: Neben einem hohem Wärmebereitstellungsgrad
muss ein niedriger Stromverbrauch, ein hygienisch einwandfreier
Betrieb und eine sehr leise Arbeitsweise gewährleistet sein.
Keine
heiße Luft sondern harte Fakten und Praxiserfahrungen werden
in der Arbeitsgruppe II der 7. Passivhaustagung zum Thema Passivhaus-Lüftungstechnik
referiert. Neuheiten auf dem Gebiet der Passivhaus-Kompaktgeräte
werden vorgestellt. Erstmals kommen Komplettgeräte für
Lüftung, Warmwasser und Heizung auf den Markt, bestehend aus
nur einer Einheit mit Grundfläche 60 cm x 70 cm. Warmwasserspeicher
und die Möglichkeit zur Einbindung einer Solaranlage sind bereits
integriert (Vortrag von Dr. Bernd Hafner). Die von Dr. Andreas Bührung
vorgestellten aktuellen Testergebnisse vom Prüfstand des Fraunhofer-Instituts
ISE sowie Messergebnisse aus Feldversuchen auf dem Gebiet der Passivhaus-Kompaktgeräte
unterstreichen dieses erfolgversprechende Haustechnikkonzept, das
die Lüftungstechnik als festen Bestandteil integriert.
Interessant für Planer und Anlagenbauer dürfte der Beitrag
mit Messergebnissen aus der Schweiz (Anne Haas, Viktor Dorer / EMPA
Dübendorf) zur Positionierung von Zu- und Abluftdurchlässen
und die Folgen für Luft- und Wärmeverteilung im Passivhaus
sein.
Erdwärmetauscher, sowohl Luft- als auch soledurchströmt,
bilden den dritten Themenbereich dieser Arbeitsgruppe, es werden
von Guido Kania neue Produkte sowie Messergebnisse einer realisierten
Anlage (Vortrag von Klaus Michael vom Niedrigenergieinstitut) vorgestellt.
Zusammenfassend wird
Rainer Pfluger (Passivhaus Institut) im Plenumsvortrag am Samstag,
den 22.02.2003 den Entwicklungsstand bei der Lüftungsforschung
präsentieren.
Auf der Fachausstellung
zur 7. Passivhaustagung werden Komponenten
für die Wohnungslüftung im Passivhaus im praktischen
Betrieb gezeigt. Vom Luftansauggitter über Kanalformteile,
Filtertechnik und Wärmeübertrager bis zum Weitwurfeinlass
wird alles zu finden sein. Auch Komplettgeräte für die
hocheffiziente Wohnungslüftung werden von mehreren Herstellern
ausgestellt. Innovationen sind beim hygienischen Filterbetrieb zu
erwarten, bei Lüftungsregelungen und bei Erdwärmetauschern
aber auch bei Komplettangeboten von Lüftungssystemen für
das Passivhaus.
(veröffentlicht:
24.12.2002 © Passivhaus Institut; unveränderte
Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)
Frühere Meldungen:
16.12.02
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