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Energieversorgung - Energiesparen - Energieeffizienz

Es steht immer wieder in der Zeitung: Die Energieversorgung ist eine der wichtigsten Säulen unserer Industriegesellschaft. Energie ist der sprichwörtliche Treibstoff für die industrielle Produktion, für den Verkehr und für den Komfort in unseren Häusern. Keine Frage, dass eine gesicherte Energieversorgung zu den entscheidenden Zukunftsaufgaben einer verantwortlichen Politik gehört.

Je deutlicher im Laufe der Zeit erkannt wurde, dass die Versorgung mit dem leicht gewinnbaren und ebenso leicht speicher- wie transportfähigen Erdöl zumindest auf Dauer keinesfalls so sicher ist, umso aggressiver wird die Suche nach sicheren Energiequellen für die Zukunft. Zu viel russisches Gas soll es auch nicht sein, der Ruf nach einem verstärkten Ausbau der Kernenergie wird lauter, die Kernfusion steht als erlösende Zukunftstechnologie im Hintergrund. Und zwischenzeitlich - nun ja, es wird vor allem an den Zubau von Kohlkraftwerken gedacht. Das wäre auch dann in Ordnung, wenn das von solchen Kraftwerken abgegebene CO2 weitgehend "entsorgt" würde (Stichwort: Sequestrierung). Soweit ist es aber noch nicht.

In Zeiten angespannter Energiemärkte wird auch schon einmal über Energiesparen geredet. Mit diesem Begriff werden leider zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge benannt, nämlich

  • Der Verzicht auf durch Energieverbrauch erbrachte Dienstleistungen (z.B. durch niedrigere Raumtemperatur) und
  • die Verringerung des Energieverbrauchs durch bessere Nutzung der eingesetzten Energie.

Beim Stichwort "Energiesparen" fühlt sich offensichtlich der Konsument angesprochen - und reagiert mit einer Abwehrhaltung. Ein wesentlicher Grund, aus dem die Mehrheit sich weigert, damit überhaupt beschäftigt zu werden.

Gespart wird dann, wenn man dazu gezwungen wird - und auch dann vermeidet man, darüber zu reden. Das erträgliche Maß für ein Sparen durch solchen Verzicht wird übrigens tatsächlich schnell erreicht: Unter 18 °C ist es in einem Wohnraum schon empfindlich kalt. Und die Reduktion von durchschnittlich 20 auf durchschnittlich 18 °C bewirkt gerade einmal eine Energieeinsparung von etwa 25%. Aus diesen Erfahrungen kommt wohl auch die in letzter Zeit wieder häufig zu hörende Auffassung, dass Energiesparen zwar ein sinnvolles Mittel ist, aber dass damit doch nur wenig zu erreichen ist, dass die Lösung des Problems bei der Beschaffung von Energie liegen müsse.

So kann das aber nur jemand sehen, der sich mit der zweiten Bedeutung, mit der Verbesserung der Energieeffizienz noch nicht ernsthaft beschäftigt hat. Energieeffizienz hat nämlich mit Verzicht rein gar nichts zu tun. Durch bessere Effizienz wird vielmehr nur der benötigte Energieeinsatz für eine gewünschte Dienstleistung verringert. Das ist eine ausschließlich technische Maßnahme, die die Qualität der Dienstleistung meist sogar verbessert. Das wirklich spannende mit der Energieeffizienz ist, dass ihre Möglichkeiten praktisch unbegrenzt sind. Je mehr man sich mit Energieeffizienz beschäftigt, umso klarer wird, dass die Effizienz in nahezu jedem gewünschten Ausmaß gesteigert werden kann. Eine Halbierung des heute noch erforderlichen Energieverbrauchs ist mit verfügbarer Technik ohne weiteres möglich; aber auch ein Faktor vier in der Reduktion ist erreichbar und selbst ein Faktor 10 kein entscheidendes technisches Problem - wohlgemerkt, alles unter Aufrechterhaltung der gewünschten Dienstleistungen, ohne kalte Räume und ohne Verzicht auf moderne Technik.

In der Spalte rechts wird dies am praktischen Beispiel besonders energieeffizienter Gebäude illustriert. Es gilt aber auch für Fahrzeuge, für elektrische Geräte und selbst für die Produktion von Waren.

 

Mehr über die Passivhaustagung am 11./12.04.2008: www.passivhaustagung.de.

Beispiel Passivhaus: Komfort durch Effizienz

Der Energieverbrauch für die Heizung von Gebäuden macht gut ein Drittel der gesamten in Europa verkauften Energie aus; es ist der größte Einzelposten in der Energiebilanz. Nicht nur Wohngebäude werden beheizt: Auch Schulen, Büros und Gaststätten - alle Räume, in denen sich Menschen längere Zeit aufhalten. Das Beispiel der Gebäudeheizung lässt die Möglichkeiten der effizienten Energienutzung gut erkennen.


Das "Passivhaus" ist ein Musterbeispiel für diese Möglichkeiten. In einem Passivhaus wird die Dienstleistung.

warmer Raum

vor allem durch Effizienz bereitgestellt. Sehr gute Wärmedämmung und Wärmerückgewinnung verringern die noch erforderliche Heizwärme auf etwa ein Zehntel im Vergleich zu durchschnittlichen Gebäuden. Das hat sich in wissenschaftlich begleiteten Siedlungsprojekten erwiesen.


( Genaue Belege siehe: Passivhaus , wissenschaftlich begleitete Siedlungsprojekte )

Dabei wird der Komfort nicht verringert, sondern ganz im Gegenteil, sogar erhöht.

Bei einer so effizienten Energienutzung wie im Passivhaus ist die Höhe des noch verbleibenden Verbrauchs unbedeutend. Der verbleibende Verbrauch ist so gering, dass es kein Problem ist, die noch benötigten Energiemengen z.B. über eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft bereitzustellen. Allein mit dem in der Forstwirtschaft nutzbar zu machenden Brennholz wären selbst in Deutschland alle Gebäude dauerhaft beheizbar, wenn die Effizienz so gut wie bei Passivhäusern ist. Darüber hinaus gibt es aber viele weitere Potentiale von nicht versiegenden Energiequellen, die in Europa gewonnen werden können. Diese reichen zwar insgesamt bei weitem nicht aus, um den heutigen sehr hohen Energiebedarf zu decken. Sie können aber eine energieeffiziente Wirtschaft ohne weiteres auch vollständig versorgen.

Und sogar die Kosten der Energiegewinnung werden nahezu unbedeutend: Beim heutigen Energiepreis bezahlt eine Familie in einem 140 m² Passivhaus ca. 10 € für die Heizung im Monat. Selbst beim vierfachen Energiepreis wären die Kosten immer noch kein Problem.

Auch in anderen Sektoren sind die Potentiale groß

Energieeffizienz bedeutet, Energieverbrauch wird durch intelligente, innovative Produkte und kluge Prozessführung ersetzt. Weitere konkrete Beispiele finden sich auf der Seite zu Effizienztechniken: Vom 1,5-Liter-Auto bis zum superstromsparenden Kühlschrank, von der Notebook-Technik bis zur Energiesparlampe.

Meist erfordert die Verbesserung der Effizienz eine gewisse zusätzliche Investition. Ob sich diese Investition für den Anwender "rechnet", muss im Einzelfall geprüft werden. Fest steht, dass in den letzten Jahren sehr viele weitergehende Effizienzmaßnahmen entwickelt wurden und viele schon länger bekannte Maßnahmen im Licht der gestiegenen Energiepreise heute attraktiv sind.

Bessere Energieeffizienz ist überall einsetzbar. Immer, wenn Dienstleistungen mit Energie erbracht werden, lässt sich die Effizienz verbessern. Maßnahmen dazu werden zusammen mit der Neubeschaffung oder bei einer Modernisierung durchgeführt. In einigen Fällen lohnt es sich sogar, alte Systeme sofort zu ersetzen: z.B. Glühlampen durch Kompakt-Leuchtstofflampen.

Voraussetzung ist, dass zuerst der bestehende Verbrauch mittels einer Energiebilanz untersucht wird.

Der Effizienz-Begriff ist übrigens viel umfassender als der in den technischen Disziplinen eingeführte Wirkungsgrad. Das ist ein Grund dafür, weshalb die Möglichkeiten der Effizienzverbesserung sehr oft unterschätzt werden - hier mehr dazu.


 

Noch ein ganz anderes Beispiel für den Unterschied zwischen "Energiesparen" und "Energieeffizienz". Gerade in letzter Zeit, angesichts des drohenden Klimawandels, sind Auftritte von Prominenten häufig, die den Moralapostel spielen und die Menschen auffordern, doch bitte den Handystecker nach dem Aufladen aus zu stecken. Das wird - zurecht - von vielen als Zumutung und als lächerlich empfunden. Und: Es ist sogar kontraproduktiv, weil es von den wirklich wichtigen Ansätzen nicht nur ablenkt, sondern sie sogar mit ins Lächerliche zieht.

Dienstleistung: Mobiltelefon-Aufladen
Heute üblich
"Energiesparen"
Energieeffizienz

Technik: Netzteil mit alter Technologie: 50 Hz Transformator, Gleichrichter. Schwer, groß und ineffizient.

Technik: Netzteil mit alter Technologie: 50 Hz Transformator, Gleichrichter. Schwer, groß und ineffizient. (Wie linke Spalte)

Technik: Schaltnetzteil mit neuer Technologie: leicht, klein und effizient.

Nutzung: Bleibt immer in der Steckdose, nur das Mobiltelefon wird abgezogen. Nutzung: Jeweils nach dem Laden wird auch das Netzteil sorgfältig aus der Steckdose abgezogen. Nutzung: Bleibt immer in der Steckdose, nur das Mobiltelefon wird abgezogen. (Wie Spalte links!)

Verbrauch: ca. 3 Watt Dauerleistung, Telefon-Verbrauch 26 Wh auf 144 h.

Jahresverbrauch: 27,5 kWh/a.

100 %

(kostet etwa 7 € im Jahr)

Verbrauch: keine Dauerleistung, Telefon-Verbrauch 26 Wh auf 144 h.

Jahresverbrauch: 1,44 kWh/a.

5,2 %

(kostet etwa 0,36 € im Jahr)

Verbrauch: 0,1 Watt Dauerleistung, Telefon-Verbrauch 8,5 Wh auf 144 h.

Jahresverbrauch: 1,38 kWh/a.

5,0 %

(kostet etwa 0,35 € im Jahr)

In diesem Fall lässt sich auch durch "Energiesparen" etwas erreichen - die Frage bleibt, ob es "den Aufwand" wert ist. Energieeffizienz erweist sich auch in diesem Fall als komfortabler - und sicherer, denn nun ist die Vermeidung von unnützem Stromverbrauch nicht von der aktiven Handlung der Nutzer abhängig. Zudem öffnet Effizienz den Weg für kommende Techniken: Sehr kleine Leistungen lassen sich auch mit Miniatur-Stromerzeugern auf Solarstrombasis decken - wie bei Armbanduhren, Taschenrechnern, Messgeräten, ... schon eingeführt - und bezahlbar.

Und wie steht es um die Wirtschaftlichkeit? Schalt-Steckernetzteile sind heute für unter 9 € zu haben; billigste "Einfachnetzteile" für etwa 4 €. Bei 5 € Kostendifferenz hat sich das effizientere System schon im ersten Jahr amortisiert. Warum gibt es überhaupt noch ineffiziente Technik am Markt? Marktversagen? - Das könnte lang diskutiert werden. Faktum ist, dass jeder Nutzer mit seinem neuen Gerät ungefragt auch ein passendes Netzteil dazu geliefert bekommt - der Verbraucher sucht sein Netzteil daher gar nicht aus. Er wählt vielmehr das eigentliche Produkt, z.B. nach der Zahl der Speicherplätze für das Adressbuch oder der Farbe des Gehäuses. Und für den Hersteller ist es derzeit immer noch billiger, ein ineffizientes Billignetzgerät dazuzugeben. Es geht zwar nur um Centbeträge, aber so ist es eben. Zeit für eine Selbstverpflichtung - oder, wenn die nicht kommt, für ein Gesetz, zumindest ein Europäisches.

"Peanuts"? Ja, das haben wir in solchen Zusammenhängen schon öfter gehört. Eine solche Auffassung offenbart eine erschreckende Unfähigkeit bei elementaren Rechenregeln: Aber wer multipliziert heute schon noch selbst? Bei etwa 40 Mio. Haushalten und durchschnittlich drei Steckernetzteilen mit 3,5 Watt Dauerverbrauch repräsentiert dies die Leistung eines Drittels eines großen Kernkraftwerkblocks. Oder den Ausstoß von insgesamt 3,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, wenn der Strom mit Kohle erzeugt wird.

Natürlich können wir bei Gebäuden, Fahrzeugen und Computern noch mehr Energie einsparen - aber Kleinvieh macht auch Mist.


 
Autor: Dr. Wolfgang Feist -- aktualisiert: 25.06.2007
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