Eisblockwetten
2007 - Eine Aktion des Klimabündnisses
Die Wirksamkeit des energieeffizienten
Bauens konnten Sie life im Internet verfolgen: Bei der Eisblockwette der
oberhessischen Energie-Agentur, Butzbach. Wie schnell schmilzt das Eis:
- in einem schlecht gedämmten
Haus (links)
- in einem Passivhaus?

Foto: Aufbau der Häuschen
und Einbringen der Eisblöcke am 23. März 2007.
Auch in anderen Städten
gab es 2007 Eisblockwetten: Hier ist eine Liste...
Hier die Ergebnisse der
Temperaturmessung in Butzbach:

Kommentar zu den Messergebnissen (verfasst am 12. Mai
2007)
- Schon ganz am Anfang (blauer
Pfeil) ist es im 70er Jahre Häuschen deutlich wärmer.
Warum? Es strömt durch die schlechter gedämmte Hülle
mehr Wärme nach, dadurch ist die Mitteltemperatur im Luftraum zwischen
Eis (an der Oberfläche 0°C) und Hülle höher; solange
der Eisklotz noch "groß" ist, folgt diese Temperatur
etwa proportional der Außentemperatur (konstante Temperatur von
0 °C des schmelzenden Eises).
- Die bessere Dämmwirkung
des Passivhaus-Häuschens ist experimentell durch das Verhältnis
der Temperaturen im Haus "70er" zum Haus "Passivhaus"
ablesbar - zumindest am Anfang, solange noch nennenswert Eis im Häuschen
"70er" da ist. (grüner Pfeil, "ungefähre"
Auswertung rechts). Ooch - nicht mehr? Immer daran denken, es handelt
sich um ein sehr kleines Häuschen; da ist A/V sehr schlecht. -
Ergänzt am 5.6.1007: Außerdem ist die erreichbare Genauigkeit
bei dieser Messung leider nur gering, da nur alle 2 Tage ein momentaner
Temperaturwert ausgelesen wird. Least-Square-Root Ergebnis: Das Passivhäuschen
dämmt um einen Faktor (4,45 ± 0.3) besser.
- In der Folge steigt die
Temperatur im 70er Jahre Häuschen immer mehr an. Sie gleicht sich
allmählich der mittleren Außentemperatur an. Das Eisvolumen
in diesem Haus ist ab Anfang Mai schon fast weggetaut - jetzt hat das
Häuschen keine Kühlenergie mehr. - Ergänzt am 13.06.1007:
Das hat sich beim Öffnen des Häuschens bestätigt: Alles
Eis war geschmolzen und das Wasser hatte sich bereits auf 22°C erwärmt
(... womit sich 22°C als die Mitteltemperatur der Umgebung in den
letzten Tagen herausstellte).
- Dagegen: Im Passivhäuschen
stabilisiert das noch vorhandene Eis immer noch die Innenlufttempertatur
bei um 3 °C. Das ist sogar noch Ende Mai/Anfang Juni der Fall. Das
lässt darauf schließen dass noch ziemlich viel Eis voranden
ist. (Wieviel Eis ist es? Das wird hier (noch) nicht verraten! Schließlich
soll Ihnen der Spaß am wetten
nicht genommen werden. Aber eines ist schon klar: bis
ganz kurz vor Ende des Wettspiels war es immer noch genug Eis!) -
Ergänzt am 13.06.1007: Gut, jetzt ist die Wettfrist abgelaufen: Beim
Öffnen des Passiv-Häuschens war noch fast die Hälfte
des Eises vorhanden. Die Eis-Wasser-Mischung hat dann immer noch eine
Temperatur von 0°C.
Ergänzung
vom 16. Juli 2007:
Statistische Auswertung der bisher bekannt gewordenen Ergebnisse aus allen
Städten mit Eisblockexperimenten 2007

In dieses Diagramm sind alle
uns bekannten Ergebnisse der Eisblockwette 2007 eingetragen (Passivhäuschen
haben blaue Rauten - 23 Messpunkte, mäßig gedämmte Häuschen
rote Punkte - drei Messpunkte).
Beginnen wir mit der Auswertung
für die mäßig gedämmte
Eisblock-Aufbewahrung: Wo auch überall nachgeschaut wurde, das Eis
war vollständig geschmolzen; z.B. schon nach 23 Tagen in Erlangen.
Die Schmelzrate hat in diesen mäßig gedämmten Häuschen
jedenfalls über 1,8 Liter/Stunde
betragen. (Vielleicht hat noch jemand genauere Daten, die aber bisher
nicht veröffentlicht wurden - bitte an das Passivhaus-Institut schicken.
Dann ließe sich der Wert noch besser bestimmen).
Nun zu den Passiv-Häuschen:
Wie immer bei Messungen in der "realen Welt" zeigt sich eine
beträchtliche Streuung. Zum Teil ist das durch Messgenauigkeiten
bestimmt (...Genauigkeit der Volumenmessung? Dichtekorrektur?), zum Teil
durch unterschiedliche Wetter- und Aufstellbedingungen (im Schatten?),
zum Teil durch unterschiedliche Geometrie des Aufbaues und durch die Absorptionseigenschaften
der äußeren Hülle. All dies würde Abweichungen im
Bereich ±30% durchaus erklären. Signifikant besser als die
Ausgleichsgerade waren dann nur Kreiensen und Lübeck:
Unser Glückwunsch, hier ist offenbar ganz besonders sorgfältig
wärmegedämmt worden. Aber es gibt auch fünf "Ausrutscher"
nach unten; die werden hier nicht genannt, können sich selbst aber
leicht identifizieren.
Eine bewährte Methode,
alle Abweichungen aus welchen Gründen auch immer zu nivellieren ist
die Ausgleichsgerade: Alle Messwerte wurden einbezogen, auch die Ausreißer.
Es ergab sich die blaue Ausgleichsgerade;
sie hat eine Steigung von -0,28 Litern/h
( Für Statistiker: Das Bestimmtheitsmaß der Ausgleichsgerade
beträgt R² = 79,9%, ist somit durchaus recht gut).
Statistisch gesichert ist damit aus diesen 23 Experimenten, dass...
...das
Eis in einem Häuschen nach Passivhausqualität etwa nur 16% der
Wärme zugeführt bekommen hat als in mäßig gedämmten
Häuschen.
Dementsprechend hielt das Eis in den Passivhäuschen der Eisblockwetten
2007 etwa 6 mal so lang.
Was
zeigt das?
- Eine gute Wärmedämmung
schützt sowohl vor Wärmeverlust (das ist der normale
Heizbetrieb im Winter) als auch vor "Kälte"-Verlust
(das schätzt jeder Bewohner in Hitzeperioden im Sommer).
- Die Wärmedämmung
verringert auch die notwendige Leistung, um einen Raum zu kühlen
(oder zu heizen) - denn das Eis im 70er Jahre Häuschen schmilzt
viel schneller, gibt also eine höhere Kühl-Leistung ab,
- ...und sie verringert zudem
die Temperaturdifferenzen im Raum und zu den Heiz- bzw. Kühlflächen
- denn das Passivhäuschen verhält sich viel stabiler und liegt
mit seiner Temperatur viel näher an der "Kühlquellentemperatur".
Hier kann direkt abgelesen werden, warum es mit Passivhaus-Standard
im Sommer und im Winter behaglicher ist als in schlechter gedämmten
Häusern.
Kurz zusammengefasst:
Dieses kleine Experiment zeigt anschaulich und leicht verständlich,
wie gut Wärmedämmung
funktioniert - und dass sie genau so funktioniert, wie es die Physik
(in diesem Fall die Bauphysik) erwartet.
(herzlichen Dank an die oberhessische
ENERGIEAGENTUR für das Experiment und an das Klimabündnis
für die Initiierung und Organisation der Eisblockwetten 2007)◊
Kommentar
vom 24. Juni 2007
Sensation: Ölfund im Garten!
New Cashtown: Auf einen
besondern Fund stieß Sam P. Nicday beim umgraben - Rohöl im
Garten! Die Ölschiefervorräte könnten ihn bald von Energiekäufen
unabhängig machen.
Weshalb sind es diese Meldungen,
die uns als Leser oder Hörer oder Zuschauer besonders zu interessieren
scheinen? - Kalte Kernfusion, Energielieferung aus dem Weltall, Energie
aus dem Vakuum,...
Und warum gibt es keine journalistische
Verpflichtung, Meldungen wenigstens auf ihre Relevanz und ihren Wahrheitsgehalt
zu überprüfen? Das könnte z.B. in einer losen Selbstverpflichtung
seriöser Journalistenvereinigungen bestehen - und in einer unabhängigen
Instanz, die ab und zu einmal, zumindest im nachhinein, die größten
Enten öffentlich ausstellt.
Und warum interessiert uns
Vernunft anscheinend so wenig? Vernunft ist nicht sexy? Das kann doch
nur die Meinung derer sein, die einen total langweiligen Mathe/Physik-Unterricht
genossen haben! Dass es auch anders geht, haben Albert Einstein, Frank
Oppenheimer, Richard Feynman u.a. lebendig vorgeführt. Vielleicht
liegt da ein weiterer Ansatzpunkt: Bringt spannende Wissenschaft an die
Schulen - Wissenschaft die uns etwas
angeht und die zugleich etwas kritischer macht...
...damit die größten
Enten auch ohne journalistische Selbstbesinnung weniger Chancen auf Wirkung
haben. Dann verschwinden sie vielleicht von selbst. ◊
Kommentar
vom 6. Mai 2007
Klima-Hysterie? Vernunftfähigkeit...
ist das besondere Kennzeichen
einer Art, die heute diesen Globus beherrscht. Überraschend vernünftig
reagierte bisher die Öffentlichkeit auf die Erkenntnisse der Wissenschaft
zur durch menschliches Tun verursachten Erderwärmung. Das hängt
auch damit zusammen, dass einige Folgen nicht nur den Wissenschaftlern
zugänglich, sondern leicht von Jedermann/frau zu beobachten sind.
Diese beobachtbaren Folgen geben keinen Anlass zu Hysterie - aber sie
sind Mahnungen, denn das Ausmaß der Auswirkungen wird sich steigern,
wenn alles so weitergeht wie bisher ("business as usual", wie
es so schön auf neudeutsch heißt).
Wenn die gerade erst beginnenden
ernsthaften Bemühungen, die schlimmsten Auswirkungen noch zu vermeiden,
von gewissen Meinungsmachern schon wieder als "Hysterie" bezeichnet
werden - dann lässt das nur darauf schießen, welche Interessen
von den Betreffenden vertreten werden - oder welche sie glauben vertreten
zu müssen. Eine vernünftige Ausseinandersetzung mit dem Thema
findet jedenfalls unter anderen Überschriften statt. Z.B. im letzten
Bericht des IPCC "Mitigation
of Climate Change". Dort kann nachgelesen werden, was wir jetzt
tun können, um das Problem auf ein noch akzeptables Maß zu
begrenzen. Dies anzupacken, ist das Gebot der...
Vernunft.
◊
Bericht
vom 07.03.2007
Energiekongress
am 07.03.2007 in der Staatskanzlei in Mainz:
Rheinland-Pfalz setzt auf Energieeffizienz
und Erneuerbare –
sowie Kohle in einer Übergangszeit
Das Einführungsreferat vor mehr als 200 geladenen Gästen hielt
Ministerpräsident Kurt Beck:
Er sieht Klimawandel, Ressourcenknappheit und steigende Energiepreise
als die Herausforderungen der Zukunft, auf die es gelte, Antworten zu
finden. Dass die Antwort darauf nicht „Kernenergie“ heißt,
wurde aus seinem Beitrag deutlich. Eine hochkarätig besetzte Energiekonferenz
schloss sich am 7. März 2007 mit Beiträgen zum Klimawandel und
zu möglichen Lösungsbeiträgen an.
"Wir haben wenig Einfluss
auf die weltweiten Energiepreise, aber durchaus auf unsere Energierechnung",
stellte Umweltministerin Margit Conrad
heraus. "Beim Energiesparen sind wir noch weit von dem entfernt,
was umsetzbar wäre, obwohl die Technik vorhanden ist." Fast
jeden Tag lerne sie selbst eine neue Effizienztechniken kennen. „Im
Neubau setzen wir auf den Passivhausstandard. Mit einem
Heizwärmebedarf, der 1.5 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche
entspricht, liegen
Passivhäuser rund 80 Prozent besser als der herkömmliche Neubau.
Insoweit ist jeder Neubau, der heute nicht im Passivhausstandard gebaut
wird, eine verpasste Chance.“ – Mit modernen, hier entwickelten
erneuerbaren Energien sei ebenfalls ein großer Beitrag zur weltweiten
CO2-Einsparung zu leisten. Allerdings, auch das machte die Ministerin
deutlich, wird das Land für eine Übergangszeit auch noch fossile
Energien benötigen, alles andere sei Illusion. So müssten zunächst
auch noch Kohlekraftwerke gebaut werden, allerdings nur solche mit einer
hocheffizienten Technik, die der alten weit überlegen ist.
Max
Schön von der deutschen Sektion des Club of Rome
forderte von jedem Einzelnen eine Verhaltensänderung und mutige Entscheidungen.
Es gelte zu realisieren: "Ich bin das Klima, ich bin das Problem."
Augenmaß bei der Einschätzung
der deutschen Möglichkeiten mahnte Eggert
Voscherau, stellvertretender Vorsitzender der BASF AG
in Ludwigshafen, an. Deutschland könne nur dann eine Speerspitze
für die technologische Entwicklung weltweit sein, wenn die deutsche
Industrie funktioniere und „der Schornstein
raucht“.
Aribert
Peters vom Bund der Energieverbraucher sieht Energie vor
einem gewaltigen Preissprung. Zum Einsparen müssten Energiesparlampen,
Null-Energiehäuser, Ein-Liter-Autos und die Abschaltung von Stand-by
vorgeschrieben werden. Politisch seien die Möglichkeiten erkannt,
aber in Deutschland weigere man sich, selbst solche wirtschaftlichen Dinge
vorzuschreiben.
"Mit
Passivhäusern kann man weltweit etwas bewegen, bei innovativen energieeffizienten
Produkten liegt die Zukunft, gerade für den Wirtschaftsstandort Deutschland"
, das zeigte Wolfgang Feist
(im Foto Mitte auf der Pressekonferenz) vom Passivhaus-Institut mit Erfahrungen
aus der Praxis. Mehr als 8000 Wohneinheiten seien in Deutschland bereits
im Passivhausstandard gebaut, bei dem der Heizenergiebedarf auf weniger
als ein Zehntel der früher üblichen Werte reduziert würde.
In Ludwigshafen hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG sogar
einen Altbau aus den fünfziger Jahren zum Passivhaus modernisiert.
Schon in der Vergangenheit habe verbesserte Energieeffizienz dazu beigetragen,
dass der deutsche Primärenergieverbrauch zwischen 1990 und 2006 um
4% gesunken ist, obwohl zugleich ein reales Wirtschaftswachstum um etwa
24% erzielt wurde. Die Effizienzstrategie gelte es aktiv und bewusst einzusetzen.
Winfried
Hoffmann (im obigen Foto rechts neben Feist), Geschäftsführer
Schott Solar, prophezeite hohe Potenziale für solarthermischer Kraftwerke
und vor allem für Photovoltaik. Stromgestehungskosten zwischen 3
und 6 Cent je Kilowattstunde seien für das Jahr 2030 möglich.
Die erneuerbare Energieindustrie sei der künftige Wachstumsmarkt.
Jörg Baumgärtner von der Bestec GmbH stellte Projekte der geothermischen
Energiegewinnung im Süden von Rheinland-Pfalz vor. Diese Energiequelle
eigne sich vor allem für die Grundlast der Stromerzeugung.
◊
Kurzkommentar
vom 25.02.2007
Warum
geht es nicht noch schneller mit dem Passivhaus?
Vermutung I: Irgendeinen Nachteil muss es doch geben? Diese Frage
wird uns interessanterweise immer wieder von den Journalisten gestellt.
Sie sind verblüfft über die Größe des Potentials
– und noch mehr verblüfft über die Tatsache, dass dieses
nicht nur theoretisch vorhanden ist, sondern auch in der Praxis erfolgreich
demonstriert.
Warum breitet sich dieser Ansatz dann nicht schneller aus? Vermutet werden
vor allem verborgene Nachteile (Sie kennen die leidige Diskussion über
verschimmelte Wohnungen ausgerechnet nach einer umfassenden Modernisierung),
sehr hohe Kosten (tatsächliche erfordert höhere Energieeffizienz
eine höhere Investition in die bauliche Qualität) oder mangelnde
Akzeptanz bei den Nutzern (Wenn ein Gebäude so viel Energie einspart,
dann muss das doch mit einschneidenden Veränderungen für den
Nutzer verbunden sein?). Zu diesen Vermutungen finden Sie umfassende Informationen
auf der Passivhaustagung. Gerade Journalisten
(melden Sie sich
bei den Veranstaltern) sind hierzu herzlich eingeladen. Lassen Sie
mich die wichtigsten Ergebnisse des heutigen Erkenntnisstandes zu diesen
Fragen kurz zusammenfassen: Keiner der vermuteten
Nachteile ist wirklich vorhanden. Nachteilig wirkt sich
ausschließlich aus, dass solche Vermutungen immer wieder behauptet
und langwierig diskutiert werden. In bezug auf diese Fragen geht es ausschließlich
um solide und seriöse Aufklärung der Öffentlichkeit. Das
ist manchmal anstrengend, weil liebgewonnene Vorurteile betroffen sind;
aber es wird immer leichter, weil immer mehr Gebäude mit wirklich
hoher Energieeffizienz existieren und positiv ausstrahlen.
Vermutung II: Die
Verschwörungs-Theorien. An sich naheliegend: Die Nutznießer
der derzeitigen hohen Nachfrage nach Energieträgern und die Hersteller
der Systeme mit hohem Energieverbrauch sind nicht gerade begeistert davon,
dass es hoch effiziente Lösungen gibt, die den Verbrauch auf einen
Bruchteil des bisher gewohnten reduzieren – nämlich auf
nur noch ungefähr ein Zehntel. Sicher sind auch einige
Lobbyisten unterwegs, die versuchen, allzu weitgehenden Ansätzen
das Leben zu erschweren. Aber gerade diesen Einfluss dürfen wir nicht
überschätzen: Niemand kann es sich heute leisten, als aktiver
Bremser in Sachen Klimaschutz zu gelten. Wenn überhaupt, dann ist
der Weg der Einflussnahme subtiler. Er versucht die entscheidenden Bremsfaktoren
zu nutzten – und die liegen an anderer Stelle.
Die Wahrheit. Es sind
weder technische Probleme noch mächtige Interessen, die eine schnellere
Umsetzung aufhalten, sondern vor allem ganz banale, nur allzu menschliche
Gründe:
- Bis sich neue Erkenntnisse
gegen alte Vorurteile
verbreitet haben, dauert es regelmäßig einige Zeit. Das hat
sogar möglicherweise einen rationalen Kern; nicht immer ist das
Neue auch wirklich das Bessere. Das Neue muss sich somit vor dem Hintergrund
des Althergebrachten bewähren. Wenn von einer Innovation rational
erkannt wurde, dass in ihren Auswirkungen das Positive weit überwiegt,
so könnte es eine wichtige Aufgabe der Politik sein, dies auch
zu kommunizieren
.
- Weit verbreitet ist die
Position „Wir sind doch gut genug"
(in Sachen Energieeffizienz) "Sollen doch erst einmal die Anderen
etwas tun.“ Immer, wenn „gut genug“ in diesem Satz
nicht mit „ausreichend gut für Zukunftsfähigkeit“
übereinstimmt, ist dies eine Bremser-Position.
- Ich will versuchen,
es positiv zu formulieren:
Wenn die Probleme (Klimaschutzaufgabe, Energiepreiskrise, Importabhängigkeit)
zweifelsfrei auf dem Tisch liegen, und
- wenn es praktikable
Lösungen zur Abhilfe bzgl. der Probleme gibt, die sich in jeder
Beziehung bewährt haben und die, wenn auch mit gewissen Anstrengungen,
umsetzbar und finanzierbar sind
dann sollte die Politik den Mut aufbringen, sich für eine rasche
Umsetzung der Lösungen in aller erdenklichen Weise zu engagieren.
Das dies dann auch für den Erfolg solchermaßen mutiger
Politiker mehren wird, das kann ich Ihnen garantieren:
- Die negativen Auswirkungen
des Klimawandels werden in den kommenden Jahren leider noch messbar
und erkennbar zunehmen. Die Forderungen nach wirksamen Gegenmaßnahmen
werden somit lauter werden. Wer dies heute erkannt hat, wird morgen
besser dastehen.
- Die Maßnahmen,
die durch Techniken mit hoher Energieeffizienz heute bereitstehen,
zeichnen sich rundweg durch hohe Beiträge zur regionalen Wertschöpfung
aus. Es ist das regionale Handwerk, das Brennwertkessel installiert,
Fenster erneuert, Fassaden wärmedämmt, Lüftungsanlagen
einbaut. Wer diese Entwicklung sät, wird regionales Wirtschaftswachstum
und regionale Beschäftigung ernten. Wer noch darüber hinausgeht
und Industriebetriebe anlocken kann, oder vorhandene davon überzeugen
kann, hocheffiziente Systeme zu fertigen und weiter zu entwickeln,
der erwirbt sogar Vorteile in der vielbeschworenen internationalen
Wettbewerbsfähigkeit.
Gute Beispiele dafür
wird es auf der 11. Passivhaustagung
in großem Umfang geben. Kommen Sie zur Tagung, lassen Sie sich von
der Aufbruchsstimmung anstecken!
Dann wird es noch schneller gehen mit dem
Passivhaus; denn das ist vor allem eine Frage unseres eigenen aktiven
Handelns. ◊
15.
Januar 2007
Chancen für Europa: Auf Energieeffizienz bauen - langfristig Passivhausstandard
sicherstellen
EU-Energie-Kommissar
Andris Piebalgs und Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee informierten
sich am Stand der IG Passivhaus über die Chancen, die eine hohe Energieeffizienz
in Gebäuden für die Europäische Union bieten. Dr. Wolfgang
Feist zeigte am Beispiel einer Modernisierung mit Passivhaus-Komponenten:
In zwei Mietwohnungsbauten der FAAG/Frankfurt wird der Heizenergieverbrauch
durch moderne Energiespartechnik aus Europa um 90% reduziert. Die Europäische
Union setzt auf Energieeffizienz als wichtigstes Element der künftigen
Energiepolitik - und Bundesbauminister Tiefensee kann sich über erhebliche
zusätzliche Wertschöpfung im Bausektor, vor allem bei der Modernisierung
bestehender Gebäude, freuen.

von links: Bundesbauminister
Tiefensee, EU-Energie-Kommissar Piebalgs,
Hans-D. Hegner (BMVBS), Dr. Wolfgang Feist (von hinten) (Foto:
PHD Annette Bähr)
Andris Piebalgs
am 7.12.2006 in Brüssel:
"As
indicated in the Plan, the Commission will propose action to ensure that
in the longer term our buildings become 'near zero emitting'– called
also 'passive houses'."
Wie im Plan dargestellt, schlägt die Kommission vor,
durch Aktivitäten sicherzustellen, dass auf längere Sicht unsere
Gebäude zu "Nahezu-Nullemissionshäusern", auch "Passivhäuser"
genannt, werden. (Übersetzung: W. Feist).
9.12.2006
Betrachtungen zum Jahresende
2006
war ein Jahr der Wahrheit: Unerbittlich beginnt der Planet sich
zu melden, zu lange wurden die Tatsachen ignoriert. Inzwischen kann nicht
mehr geleugnet werden, dass wir Menschen dabei sind, uns die eigenen Lebensgrundlagen
abzugraben. Zwar spät kommt die Erkenntnis, dass der Klimaschutz
ernsthaft auf die Agenda muss, aber sie kommt noch zur rechten Zeit -
interessanterweise sind es Ökonomen, die nun Alarm schlagen. Klar,
es ist auch die Weltwirtschaft, die empfindlich unter klimabedingten Knappheiten
leiden würde. Immer noch zu wenig erkannt haben die Ökonomen
(zumindest die "maßgeblichen" Institute) die Chancen,
die ein nachhaltiger Pfad der Energieversorgung für die Wirtschaftsentwicklung
bietet. Wird dies erst ebenso transparent wie die Probleme, die das bisherige
Wirtschaften geschaffen hat, dann können wir endlich aufhören,
dies zu beklagen - und damit beginnen, die Cancen umzusetzen.
Nun, es gibt auch
so schon genügend aktive Unternehmen, die die neuen Entwicklungen
erkannt haben. Sie gehen voran und haben erhebliche Vorteile davon, nicht
erst in einigen Jahren, wenn auch die Langsamen und die Bremser von gestern
dazu stoßen werden. Sondern bereits heute. Passivhausarchitekten
hatten in den vergangenen Monaten mehr als genug zu tun. Und wir wissen
nicht so recht, ob man sich über das eine oder andere knappe Produkt
am Markt der Energieeffizienz nun freuen oder ärgern soll.
Das Passivhaus Institut
wünscht allen Kollegen, Freunden und Aktiven einen beschaulichen
Jahresausklang und viel Tatkraft im Neuen Jahr 2007. ◊
04.12.2006
Empfehlung an Institutschefs: Erst lesen, dann Zusammenfassen
Für
den neuen "Weltenergieausblick" der Internationalen Energie
Agentur (IEA) haben die Chefs dieser Institution schon einmal vorsorglich
den Slogan "Energieagentur dringt auf Atomkraft" verkünden
lassen. Es ist nicht das erste Mal, dass die zusammengefassten Aussagen
von Spitzenvertretern einer Institution rein gar nichts mit den Inhalten
der wissenschaftlichen Analysen ihrer Einrichtungen zu tun haben. Vielleicht
wäre ein Lesekurs angebracht? Schon peinlich, wenn aus den Arbeiten
der IEA gar nicht hervorgeht, dass die Kernkraft einen nennenswerten Beitrag
zum Klimaschutz leisten würde. Im Weltenergieausblick gibt es tatsächlich
ein "Alternativszenario" mit nennenswerten Reduktionen für
das Treibhausgas CO2. Die erzielten
Einsparungen sind in diesem Szenario aber zu 2/3 auf verbesserte Effizienz,
zu 13% auf kohlenstoffärmere Brennstoffe und zu 12% auf erneuerbare
Energie zurückzuführen - mit 10% ist der Atomkraftbeitrag nicht
gerade bedeutend. Oder sollten die Pressverlautbarungen gar nicht im Zusammenhang
mit einer Leseschwäche stehen? ◊
21./23.11.2006
Iter - Fusionsreaktor
Grundlagenforschung
ist wichtig - und deren staatliche Finanzierung ist Pflicht. 10 Mrd. €
für den Fusionsreaktor Iter - das ist nicht wenig Geld. Aber immer
noch wenig im Vergleich zu den Verlusten, die unsere Gesellschaft allein
in diesem Jahr auf Grund der Ölpreissteigerung zu verkraften hatte
(mehr als 30 Mrd € allein in Deutschland). Wenn daher eine Chance
besteht, dass wir die Energieprobleme durch die Kernfusion lösen
können - dann ist dies ein wenig Forschungsgeld schon wert. Eines
aber möchte ich ergänzen: Die Fusion wird frühestens 2040
einen Beitrag zur Energieversorgung leisten, und Fusionsenergie wird nicht
billig sein. Effizienztechnik trägt schon heute mit mehr als 25%
zur Deckung des Energiebedarfs bei (der Verbrauch wäre ohne besseren
Wärmeschutz, neue Kessel, effizientere Fahrzeuge,... um mindestens
33% höher). Und "Effizienzenergie" wird bei uns produziert
und ist preiswerter als Rohöl. Wann endlich
wird für Effizienzforschung ein vergleichbar hoher Etat eingesetzt?
Schon mit der Hälfte wäre eine ganz Menge zu erforschen - und
zu erreichen. Wir könnten bis 2040 noch einmal soviel "Effizienzenergie"
bereitstellen wie heute - aber ein wenig mehr Forschung auf diesem Gebiet
sollte dies doch ebenfalls wert sein. Iter bedeutet lateinisch "der
Weg"; das ist nicht wenig anmaßend. Es gibt nicht nur
einen Weg - wären wir allein auf den Erfolg der Kernfusion angewiesen,
es wäre ein sehr riskantes Unterfangen. Denn noch ist keinesfalls
sicher, dass es in absehbarer Zeit eine ökonomisch akzeptable Lösung
für die Realisierung eines kommerziellen Fusionsreaktor geben wird.
Ein anderer Weg wird dagegen ganz sicher funktionieren: Erneuerbare
Energie plus Effizienz - diese bilden ein ganzes Bündel von bereits
physikalisch validierten Ansätzen, die Wohlstand, Beschäftigung
und regionale Entwicklung sichern können. Mit etwas mehr Forschung
ließen sich diese Ansätze noch weiter ausbauen. ◊
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