Sie finden dazu nicht
nur im Internet die unterschiedlichsten Meinungen. Immer noch wird
von manchen behauptet, Passivhäuser würden sich "nie
rechnen". Und es gibt andere, die behaupten, Sie können
über "200.000 Euro" Gewinn machen mit einem Einfamilien-Passivhaus.
Um das Ergebnis einer
seriösen Analyse vorweg zu nehmen: Beide Behauptungen sind
falsch. Unter den derzeit in Deutschland und Österreich gegebenen
Randbedingungen rechnen sich Passivhäuser, wenn sie einigermaßen
kompetent geplant und gebaut werden. Aber: Schnelle Riesengewinne
sind aber nicht zu erwarten; dafür ist das Passivhaus dauerhaft
und gesichert günstiger als die Alternativen. Wer auf "schnelles
Geld" aus ist, soll es lieber anderswo versuchen (... die Chancen,
viel Geld zu verlieren sind dann natürlich auch größer).
Eine
Analyse am Beispiel eines Einfamilienhauses
Das Haus ganz oben in
der linken Spalte ist ein gewöhnliches Einfamilienhaus mit
149 m² Wohnfläche. Es ist kein Passivhaus - es wäre
aber ganz leicht als Passivhaus zu bauen. Dazu müssten folgende
Details besser ausgeführt werden:
- Die Außenwanddämmung
ist auf 300 mm zu erhöhen; dabei wird das Mauerwerk auf 115
mm Kalksandstein reduziert; damit wird die Außenwand insgesamt
nur geringfügig (um 25 mm) dicker als sie es vorher war (vgl.
Abb. 2).
- Im Dach wird
die Dämmung unter den Sparren und auf der obersten Geschossdecke
jeweils von 100 auf 225 mm erhöht; zwischen den Sparren und
in der Decke bleiben nach wie vor 140 mm mit Wärmeleitfähigkeit
0,035 W/(mK).
- Auf der Bodenplatte
werden statt insg. 150 mm nun 250 mm PS-Platten mit Wärmeleitfähigkeit
0,035 W/(mK) verwendet.
Eine weitgehend wärmebrückenfreie
Konstruktion lag auch dem bestehenden Haus bereits zu Grunde;
bis auf die Erhöhung der Dämmstärken und den Fenstereinbau außen
vor das Mauerwerk sind keine Veränderungen erforderlich. Anstelle
der im Originalbau verwendeten Holzbalkendecke zum Obergeschoss
(OG) wird für die Passivhaus-Variante von einer Betondecke ausgegangen;
diese hat eine wesentlich geringere Aufbauhöhe und ist sogar kostengünstiger;
damit wird es möglich, bei gleicher äußerer Höhe des Hauses trotz
des etwas dicker gedämmten Daches Raumhöhe im Obergeschoss zu gewinnen.
Auch die Wohnfläche kann dadurch etwas vergrößert werden; allerdings
sehen wir von der Übernahme der (geringfügig um ca. 1 m²) vergrößerten
Wohnfläche in die Berechnung ab, um den Vergleich nicht durch eine
Änderung der Bezugsflächen zu verkomplizieren.2)
Auch die Kosteneinsparung durch die einfachere Deckenkosntruktion
berücksichtigen wir nicht.
Alle Außenwände werden
auf der Innenseite durchgängig verputzt, die Dachaufbauten erhalten
Luftdichtheitsfolien, die im Bereich des Kniestockes eingeputzt
werden. Nach vorliegenden Erfahrungen ist mit diesem Ansatz eine
Luftdichtheit entsprechend n50=0,4
h-1 erreichbar. Mehrkosten sind
damit nicht verbunden - eher Minderkosten, denn die höhere
Luftdichtheit schützt vor Bauschäden - deren Reparatur
viel teurer ist als die einmalige Investition in eine hochwertig
luftdichte Außenhülle; die außerdem verbesserte
Wohngesundheit wird finanziell nicht angerechnet.
- Die Fenster werden
anstelle der ursprünglichen 2-Scheiben-Verglasungen mit 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasungen
in einem Passivhaus geeigneten Rahmen ausgeführt (Abb.5).
Dadurch reduziert sich der Fenster-U-Wert auf im Mittel 0,75 W/(m²K)
inkl. der Einbauwärmebrücke. Der mittlere g-Wert der
Verglasungen beträgt 0,54.
- Es wird
eine moderne Passivhaus geeignete Lüftungs-Anlage
mit effektivem Wärmebereitstellungsgrad von 92% eingesetzt.
Die Luftverteilung wurde neu konzipiert (vgl. Abb. 3/4).
Mit den gerade beschriebenen
Detailverbesserungen wird der Passivhausstandard bereits erreicht.
Man kann die bestehende Heizung (Heizkessel im Vorratsraum) beibehalten.
Allerdings ginge es sogar wesentlich kostengünstiger: Die Lüftung
könnte mit einem Kompaktsystem kombiniert werden (bereits im
H-W-Raum eingezeichnet). Dadurch entfiele der Öltank, der Kamin
und der Heizkessel. Sowieso können die Wärmeverteilleitungen
entfallen und die Heizkörper, in jedem Fall können sie
kleiner werden - das Kompaktgerät kann die Wärme direkt
in die Zuluft liefern; nur im Bad im OG muss es noch einen Heizkörper
geben, um dort schnell Badezimmertemperaturen erreichen zu können.
Was
kostet das?
Die bessere Wärmedämmung
erfordert mehr Dämmstoff und seine Anbringung, die besseren
Fenster eine beschichtete Scheibe mehr und einen gedämmten
Fensterrahmen, die Wärmerückgewinnung ein Luftkanalnetz:
- Mehrinvestition Wärmedämmung
Wand, Dach, Bodenplatte
4.800 €
- Mehrinvestition Passivhausfenster 5.400
€
- Mehrinvestition Lüftung
mit Wärmerückgewinnung 5.200 €
- Minderinvestition
kleinerer Öltank, Kessel; Heizkörper und Verteilleitungen
entfallen, stattdessen Nachheizregister: -1.400 €
(den zusätzlichen nutzbaren Raum rechnen wir nicht)
- Summe aller
zusätzlichen Investitionskosten
14.000 €
Um auf der sicheren Seite
zu bleiben, werden für die weitere Rechnung 15.000 €
zusätzliche Investitionen angenommen. Dafür ist der Passivhaus-Standard
bei einem Einfamilienhaus auf jeden Fall zu schaffen. Das sind etwa
8% der durchschnittlichen gesamten Baukosten für ein solches
Haus in Deutschland.
Wie
finanzieren?
Nehmen
wir an, das Eigenkapital ist erschöpft und die Mehrinvestition
muss durch einen höheren Hypothekenkredit finanziert werden.
Bei 4,7% Zins und 1,6% Tilgung bedeutet dies eine Kapitaldienst-Mehrbelastung
von jährlich 945 €.
Wenn ein Passivhaus gebaut
wird, kann der Bauherr allerdings den zinsvergünstigten Kredit
der KfW "Ökologisch Bauen" für das ESH 40/Passivhaus
mit 100% Auszahlung und nur 2,10% Zinsen wahrnehmen (Stand Ende
April 2006). Es gibt 50.000 € je Wohnung - in diesem Fall für
ein Einfamilienhaus. Die Minderbelastung durch die geringeren Zinsen
beträgt in den ersten Jahren jährlich rund 880 €!
Damit wird die jährliche Kostenbelastung durch die "Mehrinvestitionen"
im hier behandelten Beispiel bereits fast vollständig ausgeglichen.
Wie es dann später aussieht, wird weiter unten behandelt.
Es kommt nämlich
noch besser: Statt ungefähr 13.300 kWh Heizöl oder Erdgas
werden im Passivhaus nur noch ca. 2290 kWh Brennstoff für Heizung
und 350 kWh Strom für die Lüftung gebraucht. Das spart
noch einmal Jahr für Jahr 715 € ein - bei den heutigen
Brennstoffkosten, während der Strom der Lüftungsanlage
ca. 65 €/a kostet.
Investition
und Einsparung für ein Passivhaus (149 m²) |
|
- Vergleich für die ersten Jahre - |
Zusatzinvestition *) im Vergleich zu einem Standardhaus 15 000
€ |
|
|
|
|
|
€/Jahr |
|
zusätzlicher Kapitaldienst im ersten Jahr (Bank) |
|
+945 |
|
Entlastung
durch Zinsförderung (1. Jahr)
(KfW ESH40/Passivhaus) |
|
-880 |
|
Bei
einer Heizenergieeinsparung von 11000 kWh/a: |
|
|
|
Heizenergiekosteneinsparung
bei 65 Ct/Liter H-Öl |
|
-715 |
|
zusätzliche
Stromkosten Lüftung bei 18 Ct/kWh |
|
+65 |
|
Ergebnis:
Verringerung der Belastung in den ersten Jahren |
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585 |
|
*) Beispiel. Erfahrungsgemäß kann
die Investition auch geringer sein.
Anmerkung zur Methodik vgl. 3)
|
Lohnt
sich das?
Mit dem Bau eines Passivhauses
reduzieren sich die Kostenbelastungen gegenüber einem "Normalhaus"
nennenswert. Sogar dann, wenn sich die Energiekosten nicht noch
weiter erhöhen. Der Passivhaus-Standard ist somit wirtschaftlich
attraktiv - auch wenn die Renditen nicht so gewaltig hoch sind,
wie manchmal versprochen wird. Aber der Bauherr eines Passivhauses
gewinnt noch ein paar Dinge mehr.
Lebensfreude!
Mit dem Passivhaus ist
der Energieverbrauch so gering, dass sich die Familie nie mehr Sorgen
um Energiepreissteigerungen machen muss. Ohnehin ist das Haus von
importierten Energieträgern praktisch unabhängig - und
sogar vollständig mit erneuerbarer Energie versorgbar, wenn
ein Wärmepumpenkompaktgerät und ein Öko-Strom-Anbieter
gewählt werden (oder ein Anteil an einer Windkraftanlage erworben
wird oder eine Pelletheizung gewählt wird oder ...).
Damit nicht genug: In
einem Passivhaus gibt es keine verschimmelten Wände, keine
Zugluft, keine kalten Füße. Dafür immer und überall
frische Raumluft und weniger Innenraumluftbelastung.
Wie hat es Robert Hastings
auf der 8. Passivhaustagung formuliert: „Passivhäuser
sollen auf Minimierung der Umweltbelastung optimiert und auf Lebensfreude
maximiert werden“.
Und auch an der Verringerung
der Umweltbelastung wird die Baufamilie Freude haben: Denn die Folgen
des Klimawandels treffen jeden; die klimawirksamen Emissionen sind
im Passivhaus gegenüber "normalen" Neubauten um mehr
als einen Faktor 4 reduziert. Diese Beiträge zum Umweltschutz
sind umso wirksamer, je mehr Baufamilien sich für den Bau von
energieeffizienten Neubauten oder die Modernisierung bestehender
Häuser entscheiden.
Soweit die individuellen
Vorteile - aber hat die Baufamilie nicht auch etwas davon, wenn
Dienstleistung in der Region geschaffen werden und nicht durch Import
von Energierohstoffen aus instabilen Teilen der Welt? Wenn ein Passivhaus,
wie oben dargestellt, derzeit ca. 14.000 Euro "mehr" kostet
als ein üblicher Neubau - dann sind dies 14.000 Euro, die zu
75% als Handwerksleistung erbracht werden. Und auch die restlichen
25% stammen überwiegend aus Europäischer Wertschöpfung.
Das erhält und schafft Arbeitplätze - und es "rechnet"
sich sogar. Die der Gemeinschaft ersparten Kosten für die Bewältigung
internationaler Spannungen wollen wir hier gar nicht diskutieren,
davon steht täglich genug in der Zeitung. Auch das ist ein
Beitrag zur Lebensfreude, denn die "Sicherung von Energievorräten"
kostet ja nicht nur Geld.
Mit
Energieeffizienz Kosten sparen – auf Dauer
Auf längere Sicht
ist es vor allem die Energieeinsparung, die zur Entlastung beiträgt
– zum Glück, denn sich allein auf Förderkredite
zu verlassen, könnte nach Ablauf der Zinsbindung zu einer hohen
Belastung führen. Daher ist es empfehlenswert, das günstige
Baugeld wirklich für nachweislich energieeffiziente Maßnahmen
einzusetzen. Das sind z.B. die oben aufgeführten Verbesserungen
bei der Wärmedämmung, bei den Fenstern und die Lüftungswärmerückgewinnung.
Dass diese Maßnahmen wirklich auch in der Praxis Energie einsparen,
hat sich nämlich durch Messungen erwiesen (siehe z.B. Passivhaus-Praxisergebnisse).
Das Ergebnis der finanzmathematischen Berechnung im Durchschnitt
über 30 Jahre zeigen die folgende Tabelle und Abb.
7. Es gibt sogar noch einen darüber hinausgehenden Nutzen,
den man in Abb. 7 erkennt: Auch nach Ablauf von 30 Jahren profitieren
Sie weiter von der Energiekosteneinsparung. Denn die passiven Komponenten
des Passivhauses leisten ihren Dienst, solange das Haus steht.
Tabelle zur finanzmathematisch
berechneten durchschnittlichen jährlichen Belastung über
30 Jahre:
Investition und Einsparung für ein
Passivhaus
(149
m²)
|
|
- finanzmathematische Berechnung über 30 Jahre
nominal - |
Zusatzinvestition *)
im Vergleich zu einem Standardhaus 15 000 € |
|
|
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|
|
€/Jahr |
|
durchschnittlicher zusätzlicher
Kapitaldienst (Bank) |
|
+945 |
|
Entlastung durch Zinsförderung
im Mittel über 30 Jahre (KfW
ESH40/Passivhaus) |
|
-626 |
|
Bei einer Heizenergieeinsparung
von 11000 kWh/a: |
|
|
|
Heizenergiekosteneinsparung
im Mittel über 30 Jahre
(nominale Preissteigerung 1.6 %/a): |
|
-822 |
|
mittlere
zusätzliche Stromkosten Lüftung |
|
+71 |
|
Ergebnis:
Verringerung der jährlichen Belastung |
|
432 |
|
*) Beispiel. Erfahrungsgemäß kann die
Investition auch geringer sein. |
Randbedingungen:
Förderung
mit KfW-Kredit ESH40/Passivhaus Stand Ende April 2006.
Zinsen (nominal) 2,1 %p.a. 100% Auszahlung, 30a Laufzeit, hier:
keine tilgungsfr. Anlaufjahre. Kalkulatorische Nutzungsdauer: 30
Jahre, Kalkulationszins 4,7 % p.a. (Hypothekendarlehen, nominal,
effektiv)
Brennstoffpreis: 6,5 €Ct/kWh(real), Strom 18 €Ct/kWh (real),
Energiepreissteigerung gleich Inflationsrate von 1,6% p.a.
(nominal).
Methode: Es werden die Barwerte aller Finanzströme nominal
ermittelt und in konstante annuitätische Werte über 30
Jahre umgerechnet. Die verwendeten Komponenten haben einen zu erwartenden
Nutzungszeitraum von weit über 30 Jahren (bis auf einfach zu
wechselnde Verschleißteile, von denen es im Passivhaus nicht
mehr gibt als bei konventionellen Gebäuden). Die Wartungskosten
sind unverändert.
Bemerkung
zu evtl. Änderungen bei den Randbedingungen:
Diese Seite wurde Ende April 2006 aktualisiert. Preise
für Energie, Kreditzinsen und die Bedingungen für Förderkredite
ändern sich möglicherweise sehr rasch. Solche Änderungen
haben aber auf die Kernaussage ("gelbe Tabelle") nur einen
geringen Einfluss. Warum?
- Die Wirtschaftlichkeit bei Maßnahmen an einem Gebäude
hängen nicht so sehr von den zufälligen Tagespreisen,
als viel mehr von den mittleren ökonomischen Randbedingungen
über die Nutzungszeit der Gebäude ab (und das sind mehr
als 30 Jahre).
- In diesem Zeitraum kann "viel passieren". Allerdings:
Die Zinsbedingungen kann ein Bauherr heute auch für 20 oder
30 Jahre auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau festschreiben
lassen. Und dass Energie in den nächsten Jahrzehnten durchschnittlich
billiger sein wird als heute - wer glaubt das schon? Damit stehen
die wichtigsten Parameter relativ sicher fest, auch wenn es möglicherweise
aktuelle Schwankungen geben wird, die zeitweise einen anderen Eindruck
vermitteln.
- Die Förderbedingungen der KfW betreffend ist die Aussage
der Förderbank, dass sie sich bemüht, den Gegenwert der
Förderbedingungen auf gleichem Niveau zu halten (Differenz
zum Marktzins). D.h. auch diese Randbedingung bleibt in etwa konstant.
- Die (nominalen) Marktzinsen wiederum orientieren sich sehr stark
an der Inflationsrate. Auch dies bewirkt, dass die Kernaussage der
"gelben Tabelle" in etwa konstant bleibt, auch wenn sich
die Werte nominal ändern. Alle Werte können nicht auf
"wenige Euro genau" vorhergesagt werden. Das Risiko ist
aber für Bauherren, die Häuser mit hohem Energieverbrauch
bauen, am höchsten.
Dieser
Link führt zu Basisinformationen zum Thema Passivhaus.
Hier
wird die Wirtschaftlichkeit von Wärmedämmmaßnahmen
allgemein unter gegenwärtigen Randbedingungen behandelt.
|
Autor:
Dr. Wolfgang Feist, Leiter des PHI
Link zur Homepage des Passivhaus Institutes:
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aktualisiert: 24.04.2006 ©
Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der
Quelle gestattet |