Ergänzung
(2) zu Beleg 1
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Hier eine weitere Ergänzung zu den Ausführungen auf der Hauptseite. Der Vergleich von Messung und Rechnung für eine gut wärmegedämmte Wand liefert eine Reihe von erhellenden Erkenntnissen, auf deren Basis viele Zusammenhänge besser zu verstehen sind. Hier noch einmal die Grafik:
Ein auffälliges Detail in dieser Temperaturverlaufsgrafik haben wir bisher nicht diskutiert: Die Unterschiede zwischen der Temperatur der äußeren Oberfläche (Putz auf der Dämmung, in der Grafik ein blaues Quadrat) und der Außenlufttemperatur (grüne Linie ohne Symbole). Aus diesen Unterschieden, die ebenfalls hoch genau gemessen wurden, kann viel gelernt werden. Ganz kurz zusammengefasst:
Wieso ist die Außenoberfläche so kalt? Gehen wir der Reihe nach vor und beginnen mit dem 12. Oktorber. Bis Sonnenaufgang um ca. 6 Uhr schwankt die Außenlufttemperatur um einen Wert von etwa 0°C (Minimum bei -1,4 °C). Die äußere Putzoberfläche ist aber deutlich kälter (!!). Was ist da los? Für die Bauphysik ist das überhaupt nicht überraschend - nur für die herkömmliche Vorstellung, nach der eine Hüllfläche Wärme an die Umgebungsluft abgibt. Das ist für diese Oberfläche in der Nacht nicht der Fall - auch an den folgenden Tagen nicht. Die Oberfläche ist zu diesen Zeiten kälter als die Außenluft; die Außenluft gibt sogar Wärme an die Oberfläche ab! Das ist ja prima, werden manche frohlocken, die es schon immer besser (aber eben doch nicht ganz richtig) wussten... Wieso ist die Außenoberflächer
in der Nacht kälter als die Außenluft? Ganz einfach: Sie strahlt
Wärme als Infrarotstrahlung
ab. Diese Strahlung kann nach allen Seiten entkommen. Andererseits absorbiert
die Oberfläche aber auch Wärmestrahlung, die von den Gegenständen
in der Umgebung abgegeben wird. Sie "sieht" sozusagen die Umgebung
im Wärmestrahlungslicht (in diesem Fall im Infrarotlicht). Welche
Umgebung sieht die Oberfläche? Es handelt sich um eine weitgehend
unve Der Bewuchs strahlt mit der
gleichen Temperatur und hat auch ungefähr einen ähnlichen Emissionskoeffizienten
(zwischen 0,91 und 0,98, in guter Näherung "1"). Dadurch
kommt aus dem unteren Teil des Gesichtsfeldes der Außenoberfläche
etwa die gleiche thermische Strahlung zurück, wie in diesen Teil
ausgesandt wird: Hier ist die Strahlungsbilanz etwa ausgeglichen. Ganz
anders in der oberen Hälfte des Gesichtsfeldes! Was sieht die Wand
dort? Nun, im sichtbaren Licht wäre es das Weltall, und das ist im
wahrsten Sinn des Wortes "strengbitterkalt", nämlich einer
Temperatur von -270,425 °C entsprechend ( Kommen wir zurück zu unserer
Wandoberfläche: Sie strahlt Wärme in alle Richtungen ab, erhält
aus dem unteren Gesichtsfeld etwa die gleiche Strahlungsenergie zurück,
aus dem Himmel allerdings in der klaren Nacht des 12. Novembers nur eine
Strahlung, die einer Temperatur von unter -15 °C entspricht. Damit
verbleibt ein ziemlich hoher Netto-Wärmeverlust in der Strahlungsbilanz.
Nun gibt es für die Oberfläche aber auch "Wärmegewinne":
Einerseits Wärme, die durch Konvektion aus der umgebenden Luft aufgenommen
wird (jawohl, die Oberfläche kühlt die Luft; auch die Pflanzenoberflächen
tun das in der Nacht; das ist der entscheidende Grund, warum auch die
Luft in der Nacht kälter wird) - andererseits Wärme, die von
der Rückseite der Oberfläche, also aus der Wärmedämmung
heraus, aufgenommen wird. Da die Wärmespeicherfähigkeit des
Putzes zwar nicht Null, aber doch relativ gering ist, stellt sich sehr
schnell ein Wärmegleichgewicht im
Putz ein: Die Summe der Verluste (hier: Infrarotstrahlungsbilanz mit Nettoabstrahlung)
ist gleich der Summe der Gewinne (Aufnahme von Wärme aus der Umgebungsluft
und aus Richtung der Wärmedämmung der Wand). Letztere ist in
Bezug auf die Dimensionen der Energieströme an der Oberfläche,
insbesondere der Nettoabstrahlung, klein (aber nicht unbedeutend für
die Energiebilanz des Wärmestromes durch die Wand). Die Nettoabstrahlung
wird somit weitgehend von einer Nettowärmeaufnahme aus der Umgebungsluft
kompensiert: Dadurch wird die Oberfläche aber so kalt, dass dieser
konvektive Wärmestrom von der Umgebungsluft an die Wand gerade den
Strahlungsverlust ausgleichen kann: Jetzt ist klar, warum die
Wandoberfläche in einer klaren Nacht kälter ist als die Umgebungsluft. Diesen Effekt kann jede/r selbst an der Windschutzscheibe von Fahrzeugen beobachten: In klaren Nächten fällt die Oberflächentemperatur wegen der Abstrahlung unter die Lufttemperatur, ja oft sogar unter die Taupunkttemperatur der Umgebungsluft. Dann gibt es einen Tauwasserniederschlag an der Windschutzscheibe; oder, wenn die Temperatur der Oberfläche unter 0 °C liegt, sogar Raureif. Jedes Hausdach zeigt diesen Effekt, es sei denn, es ist katastrophal wenig wärmegedämmt und wird von innen so stark aufgeheizt, dass sich kein Reif bilden kann; allerdings ist die Innenoberfläche dann ebenfalls so kalt, dass sich dort auch Tauwasser bildet - und das ist dann wirklich ein Problem. Dächer und Außenoberflächen von Gebäuden sind so konstruiert (... müssen so konstruiert sein), dass sie die Reifbildung nicht schädigt. Schnee und Hagel müssen die Oberflächen ohnehin "abkönnen", das ist somit keine zusätzliche oder besondere Anforderung. Eine ganz schlechte Idee ist es, die Oberflächen durch "beheizen" reif-, eis- und schneefrei halten zu wollen (Es gibt viele Wege, völlig überflüssige Energieverbräuche zu erzeugen. Man kann auch einen Kupferstab ins Erdreich rammen und dann an das Stromnetz anschließen - wer das gern bezahlen will, bitte schön).
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Unter Sonneneinstrahlung: Erwärmung Der 12. Oktober war ein ganztägig klarer Tag. Daher steigt die Außenlufttemperatur schon vom frühen Morgen an: Ab 5:30 heizt die Sonneneinstrahlung die Umgebung, und die Umgebung heizt die Außenluft, bis auf 11,2 °C am frühen Nachmittag. Da die
Wenn die Strahlung dann wieder nachlässt, sinken die Oberflächentemperaturen rasch wieder ab. Etwa um 17:00 wird die Lufttemperatur bei ca. 5 °C wieder erreicht und über Nacht.geht es wegen der dann überwiegenden Abstrahlung dann unter den Gefrierpunkt.
Und die Bilanz
für den ganzen Tag? Der auch noch dargestellte 14. Oktober war ein bewölkter Tag. An diesem Tag unterscheiden sich die äußere Oberflächentemperatur und die Außenlufttemperatur nur wenig. Auch an diesem Tag ist die Oberfläche im Mittel etwas kälter als die Außenluft. Bewölkte Tage sind im Winter eher der Normalfall, klares strahlungsreiches Wetter eher die Ausnahme. Am bewölkten Tag kommt einerseits nur wenig solare Einstrahlung an, andererseits ist aber auch die atmosphärische Gegenstrahlung höher, weil sie hauptsächlich von den (tiefer liegenden) Wolken kommt, genauer aus dem Bereich der Wolkenuntergrenze oder Wolkenbasis. Damit nähert sich am bewölkten Tag die Strahlungsbilanz derm Wert "Null". Fazit: Die sauber gerechnete oder gemessene Strahlungsbilanz an Bauteil-Außenoberflächen führt in der Heizzeit eher zu höheren als zu niedrigeren Wärmeverlusten, insgesamt ist der Effekt aber schon an klaren Tagen gering, an bewölkten vollends vernachlässigbar. Im Artikel "Wärmedämmen oder Wärmespeichern" wird übrigens belegt, dass diese Aussage von der Wärmespeicherfähigkeit der Wand unabhängig ist. Jeder Winzer kennt den Effekt: Schon im Herbst wird oft im landwirtschaftlichen Wetterbericht vor "Bodenfrost" gewarnt. |
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Anmerkungen
1) Auf unserer Seite zur Strahlungsphysik haben wir einige Informationen zur Wärmestrahlung zusammengestellt. Die Kenntnis der Gesetze der Wärmestrahlung hilft, viele Vorgänge in Verbindung mit der Heizung besser zu verstehen - und nicht nur diese. Auch der Treibhauseffekt lässt sich nur verstehen, wenn die Gesetze der Wärmestrahlung bekannt sind. Außerdem ist dies ein ganz spannendes Kapitel der Physik: Max Planck hat durch sorgfältige Analyse der experimentellen Ergebnisse der Wärmestrahlung die Quantentheorie in die Physik eingeführt, das war im Jahr 1900. Link zu Informationen zum Passivhaus: Passivhaus-Grundlagen. Link zur Homepage der Passivhaustagung: Passiv Haus Konferenz. Link zur Homepage des Passivhaus Institutes: (aktualisiert 09.11.2006 Autor:
Dr. Wolfgang Feist |