Verzeichnis: Überblick zu den Passivhaus-Informationen

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Thema trockene Luft bei Wohnungslüftung - ein Dialog, der den Sachverhalt beleuchtet

Karsten: Nicht wenige Nutzer empfinden es unter etwa 30% rel. Feuchte doch als zu trocken.

Karsten: Wenn ein Gebäude mit Warm-Frischluft geheizt wird, wird es unweigerlich zum Absenken der Luftfeuchte führen, gerade im Extremfall Abwesenheit.

Karsten: Besser wäre es doch dann, grundsätzlich die Luftmenge an den Bedarf der Bewohner zu koppeln...

 

 

Wolfgang: Das liegt am Staub und an anderen Nebeneffekten. Bei vernünftiger Dimensionierung wird es <30% aber nur ganz selten geben.


Wolfgang: Eine Absenkung der rel. Feuchte im Raum gibt es nur dadurch, dass frische Luft mit geringerem Wassergehalt die Feuchtigkeit in der Raumluft verdünnt. Im Winter ist das unweigerlich so. Ob die Frischluft auch beheizt wird, spielt jedoch keine Rolle. Wenn also überhaupt Außenluft zugeführt wird, ist die rel. Feuchte geringer, als ohne den Außenluftstrom (Vergleiche auch den Beitrag zu 'Feuchte und Lüftung’).


Wolfgang:
Ja, das ist unsere Empfehlung – so sollte es in jedem Passivhaus gemacht werden (im PHPP ist die Luftmenge von der Personenzahl abhängig).

Lufthygieniker:

Aber nicht nur die Bewohner belasten die Luft; auch abgelegte Kleidung, Haushalts-Chemikalien, der Teppich,... .
Wer ein richtig dichtes, unbelüftetes Haus nach ca. 6 h ohne Lüftung betritt, weiß, wie es dann duftet.
Das wusste übrigens schon Pettenkofer im 19. Jahrhundert.

Das wurde auch in den ersten Passivhäusern experimentell getestet: Bei Dauerluftwechsel
geringer als ca. 0,25 h-1 bei Abwesenheit, 'stinkt' es, wenn die Bewohner zurückkommen.

Vor diesem Hintergrund ist ein noch geringeren dauerhafter Grundluftwechsel aus Lufthygienegründen im Wohnungsbau nicht wünschenswert. 1)

Karsten: Aber bei der nutzerabhängigen Steuerung muss bei geringen Luftmengen nutzerabhängig zu jedem Zeitpunkt genügend Heizleistung zur Verfügung stehen.

Karsten: Gut, das stimmt fast mit meiner Rechnung überein, das im Heizlastfall nämlich rund 0,33 m³ je m³ Raumluft zugeführt werden müssen, um es warm zu haben; 0,3 h-1 ist wirklich nicht viel weniger. Aber bei großen Objekten mit wenig Bewohnern entsprechend Feuchtequellen entsprechend CO2-Quellen wird dies doch immer zu trockener Luft führen.


Karsten: Man kann ja auch mit 20%-30% rel. Feuchte komfortabel leben, das zeigt die eigene Erfahrung, z.B. in einer gut beheizten Almhütte. ;)

 

 

 

Karsten: Da möchte ich noch meine persönliche Erfahrung nachreichen, aus der sich meine Meinung nährt. Im kalten Winter 2003 war in meiner Wohnung mit Lüftungsanlage die Luftfeuchte bei 20% angelangt, und das bei kleinster Belüftungsstufe (LWR 0,19). Das war sehr unangenehm bis zum Nasenbluten. Danach wurde aktiv Wäsche getrocknet und nachts abgestellt. Mit der manuellen Methode stelle ich seitdem 40-45% ‘sicher’ und fahre seitdem die Anlage mit dieser 'zu kleinen’ Rate, habe allerdings auch ein hohes Raumluftvolumen. Teppichböden, Tapeten, Spanplattenmöbel gibt es nicht. Ich bemerke trotzdem immer wieder wie ‘frisch’ es beim Eintritt in die Wohnung im Vergleich zu anderswo ist, es nämlich gar nicht 'duftet’. Das ist subjektives Empfinden und eben kein Musterfall, natürlich sind die Anforderungen einer 4-köpfigen Familie auf 100 m² andere, da werden die 0,3 nicht genügen.

 



Wolfgang:
Ja, bei 0,3 h-1 stehen dauerhaft

0,3 h-1 * (50-20) K * 0,33 Wh/(m³K) * 2,5 m³/m² =7,4 W/m²

zur Verfügung. + Badheizkörper, das reicht um die Temperatur im Komfortbereicht zu halten.

 


Wolfgang: Wie der Hygieniker sagt: Ein Luftwechsel von 0,3 h-1 wird für die Mindestlüftung benötigt. Wenn es überhaupt einen Konflikt gibt, dann den zwischen Luftqualität ( IAQ – indoor air quality -objektive Raumluftverunreinigungen wie VOC (volatile organic compounds – flüchtige organische Substanzen), Radon, ...) und relativer Feuchte im Winter. Aber nicht den zwischen Frischluftheizung und relativer Feuchte. Fanger streitet ein solches Problem übrigens generell ab und sagt, auch niedrigste Feuchten seien gar kein Problem. Das stimmt auch, aber es stimmt nur, wenn die Luft staubfrei ist - und das ist in einer Wohnung kaum realistisch.

Wolfgang: Ja, genau das ist die Fanger'sche Position. Dass das aber in Wohnungen nicht realistisch ist, wird sichtbar, wenn im Winter die Rückmeldung aus überlüfteten Häusern kommen: Bei >0,5 h-1 kommt es oft zu rel. Feuchten von 20-25%. Und dann melden sich bereits etwa 30% der Bewohner mit Beschwerden „zu trocken!“. Jeder, der das in der Praxis ausführt, weiß das. Das PHI weist bei jedem Siedlungsprojekt am Anfang darauf hin. Die Hälfte der Planer nimmt es ernst - dann gibt es keine Probleme. Die anderen planen aus Angst oder Bequemlichkeit doch wieder mit 0,5 bis 1 h-1 und klären die Bewohner nicht auf ... Mehr als 25 bis 30 m³/Person sowie minimal 0,3 h-1 ist aus dieser Erfahrung zuviel des Guten und es ist auch überflüssig, wie schon diskutiert.

 

 

 

 

Wolfgang: Das ist ja interessant - und es bestätigt genau die Erfahrungen! Subjektiv, und das gilt offenbar auch in diesem Fall, werden die niedrigen Feuchtigkeiten eben doch als störend empfunden. Für eine staubfreie Luft dürften wir keine Kleidung aus Baumwolle und keine Betten mit Naturfasern verwenden. Der Komfortbereich liegt eher bei den kleineren Luftmengen. Allerdings muss ein wenig aufgepasst werden: Wird der Luftwechsel zu klein, dann wird die Luftqualität auch objektiv schlecht, insbesondere Radon ist dann möglicherweise ein Problem. Wir haben daher in einer großen Zahl von Wohnungen nachgemessen und festgestellt, dass bei um 0,22 bis 0,25 h-1 in der Regel noch keine kritischen Belastungen vorliegen. Das Risiko sinkt natürlich immer weiter, wenn die Luftmengen erhöht werden - daher die 0,3.

Fazit: Als Empfehlung kann für den Mindestluftwechsel im Wohnungsbau gelten (auch bei Nichanwesenheit):

0,3 h-1 stellen die Luftqualität
und die Beheizbarkeit auch bei großer Kälte

in Wohnungen ohne besondere Luftbelastungen sicher.

Immer sollten es jedoch

mindestens 30 m³/Person

sein - und diese nutzerabhängige Bedingung ist normalerweise auslegungsrelevant.

Bei geringer Belegung und nur wenigen Feuchtequellen muss in der kalten Jahreszeit evtl. doch ein wenig befeuchtet werden, entweder mit einem mobilen Gerät im Wohnzimmer, das regelmäßig gesäubert wird, oder in dem man eine Lüftungsanlage mit Feuchterückgewinnung einsetzt.

Werden die Raumluftbelastungen bewusst und sorgfältig gering gehalten, wie das Beispiel von Karsten zeigt, sind in einigen Fällen sogar geringere Luftwechselraten möglich. Bei großen Wohnungen und geringer Personenzahl ist dann die reine Frischluftheizung keine Lösung, denn die übertragbaren Leistungen werden zu gering (deutlich unter 10 W/m²). Das muss ein Fachplaner bereits bei der Projektierung merken.

Anmerkungen

1) Eine Alternative wäre eine Vorspül-Lüftung (2 mal Luftaustausch) vor Rückkehr in die Wohnung - so machen wir das z.B. in Schulen, wo es auf jede Stunde Laufzeit ankommt und wo die Regelung ruhig etwas komplexer sein darf - und es ja auch einen Stundenplan gibt. Für ein Wohngebäude ist letztere Lösung aber nicht angemessen, weil eine viel zu große Lüftung installiert werden müsste: bei 0,5 h-1 maximale Auslegung muss das System sonst 4 h laufen für die Spülung - dann kann das System aber auch gleich bei 0,3 h-1 durchlaufen. Hauptproblem der Vorspülung ist, dass das System kaum wissen kann, wann die Bewohner in die Wohnung kommen.

Auch auf der aktuellen Passivhaustagung werden neue Ergebnisse der Lüftungsforschung erwartet.

Dieser Link führt zur Hauptseite der Einführung zum Thema Passivhaus.

(zuletzt geändert: 16.08.2007 / Autor Dr. Wolfgang Feist 
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