Die Außenhülle eines Gebäudes
soll möglichst luftdicht sein - das gilt nicht nur
für Passivhäuser. Nur durch die Dichtheit der Hülle
lassen sich Bauschäden durch mit dem Luftzug mitgeführten
Wasserdampf vermeiden (siehe Abbildung auf der linken Seite). Auch
werden zugige Wohnräume heute von den Bewohnern nicht mehr
akzeptiert: Eine wirklich luftdichte Bauweise führt zu besserer
Behaglichkeit. Daher
wird eine gute Luftdichtheit heute allgemein nach den Regeln der
Bautechnik gefordert; das ist richtig und gut so. Und für ein
behagliches Passivhaus gilt dies umso mehr.
Luftdichtheit darf nicht mit
Wärmedämmung verwechselt
werden. Beide Eigenschaften sind für die Gebäudehülle
wichtig, aber sie müssen meist unabhängig voneinander
erreicht werden:
- Ein gut dämmendes Bauteil muss nicht
luftdicht sein: Z.B. kann man durch eine Kokosfasermatte, eine
Zelluloseschüttung oder eine Mineralwolledämmung problemlos
"hindurchblasen". Diese Materialien dämmen gut,
sind aber nicht luftdicht. Der einzige Dämmstoff, der auch
gleichzeitig als Luftdichtheitsebene verwendet werden kann, ist
Schaumglas.
- Umgekehrt muss
ein luftdichtes Bauteil nicht unbedingt wärmedämmen:
Z.B. ist ein Aluminiumblech absolut luftdicht, hat aber praktisch
keine Wärmedämmwirkung.
Luftdichtheit ist eine wichtige Anforderung
für das energiesparende Bauen, aber nicht die wichtigste
(wie es in populären Veröffentlichungen manchmal den Anschein
hat - die wichtigste Anforderung ist eine gute Wärmedämmung).
Luftdichtheit darf auch nicht mit Diffusionsdichtheit
verwechselt werden: Ein Ölpapier ist z.B. luftdicht aber diffusionsoffen.
Auch ein normaler Innenputz (Gipsputz, Kalkputz, Zementputz oder
faserverstärkter Lehmputz) ist ausreichend luftdicht, jedoch
diffusionsoffen.
Fugenlüftung kann einen dauerhaft ausreichenden
Luftwechsel nicht sicherstellen. Bereits die
in Deutschland nach 1984 gebauten Häuser sind so dicht, dass
die Fugenlüftung zur Lufterneuerung nicht ausreicht. Nach den
Anforderungen des Bautenschutzes sind diese Häuser aber noch
nicht ausreichend luftdicht - danach beurteilt waren selbst Neubauten
in Deutschland eher "undicht": n50-Leckageraten
lagen zwischen 4 und 10 h-1. Probleme
mit Zugerscheinungen und Bauschäden bleiben da nicht aus. Die
Situation in Deutschland kann treffend mit dem folgenden Satz bezeichnet
werden:
Heute wird
zu undicht für schadensfreie Bauteile - und gleichzeitig zu
dicht für ausreichende Fugenlüftung gebaut.
Mit
der Energieeinsparverordnung (EnEV) vom 01.02.2001 wurde in Deutschland
erstmals ein Zielwert für künftige Gebäude vorgegeben:
Ohne Lüftungsanlagen sollen Drucktestkennwerte1)
(n50-Werte) von 3 h-1,
mit Wohnungslüftung 1,5 h-1
nicht überschritten werden. Aus den Erfahrungen mit Niedrigenergiehäusern
folgt, dass es ein guter Rat ist, bessere Werte (also einen geringeren
n50) anzustreben.
Bei Passivhäusern werden regelmäßig
weit bessere Werte erreicht: n50-Leckageraten
dürfen in Passivhäusern nicht über 0,6 h-1
liegen. Praktisch erreicht werden regelmäßig
Werte zwischen 0,2 und 0,6 h-1.
Luftdichtes Bauen
ist keine Frage der Bauweise
Realisierte Beispiele von Passivhäusern im Massivbau, Holzbau,
Fertigbauteilbau, in Schalungselementetechnik und im Stahlbau zeigen
dies. Sören Peper vom Passivhaus Institut hat nach systematischen
Untersuchungen belegt, dass n50-Werte
zwischen 0,2 und 0,6 h-1 heute
bei sorgfätiger Planung und gewissenhafter Ausführung
reproduzierbar erreicht werden können. Dazu gibt es Ausführungsdetails
für alle wichtigen Anschlüsse und Durchdringungen.
Prinzipien
Wichtig ist das Prinzip der "einen
durchgehenden dichten Gebäudehülle", leicht nachvollziehbar
mit der Methode des "roten Stiftes" (vgl. links nebenstehend
die dritte Abbildung von oben).
Entscheidend ist, dass das Konzept für
die Luftdichtheit dauerhaft angelegt ist. Welche
Konzepte dabei eine für lange Zeit garantierte Luftdichtheit
ermöglichen, wurde vom Passivhaus Institut im Rahmen eines
IEA-Forschungsprojektes untersucht. Eine Kurzfassung der wesentlichen
Eregbnisse finden Sie in
diesem Artikel (pdf, 1 MB) von Sören Peper.
11. Passivhaustagung
Erfahrungen mit der Planung und Ausführung
einer luftdichten Hülle werden in der Arbeitsgruppe
"Neues
aus Forschung und Entwicklung"
behandelt.
Produkte zur nachhaltigen Herstellung der Luftdichtheit
finden Sie auf der begleitenden Ausstellung. Dort wird auch das
"Blower-Door-Verfahren"1)
demonstriert und Beratung und Qualitätssicherung angeboten.
1) Der
Drucktestkennwert, oder genauer der Gebäuderestleckwert oder
n50-Wert ist ein Maß für
die gesamte noch vorhandene Undichtheit der Gebäudehülle.
Dieser Wert wird in Luftwechseln bei einem Drucktest-Differenzdruck
von 50 Pa angegeben (Maßeinheit h-1).
Der Wert kann leicht durch einen Gebäudedrucktest mit Hilfe
einer Blower-Door gemessen werden. In Deutschland gibt es zahlreiche
kompetente Ingenieurbüros, die eine solche Messung anbieten.
Für Passivhäuser ist ein Drucktest unerlässlich.
(aktualisiert:
31.10.2006 Dr. Wolfgang Feist
©
Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der
Quelle gestattet)
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