Zweiter
Hauptsatz - |
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Nicht Umkehrbarkeit als Alltagserfahrung Es ist dauernde Alltagserfahrung, dass viele von uns erlebte Abläufe an eine bestimmte Zeitabfolge gebunden sind. Eine zeitliche Umkehr solcher Vorgänge erscheint absurd.
Beispiel: Ein Dachziegel, der vom Dach auf die Straße fällt und dort zerspringt. Kein Mensch würde im Ernst behaupten, dass die Zeitumkehr dieses Vorgangs irgendeinen Bezug zur irdischen Realität hat. Vor Gericht würde ein Zeuge, der solche Vorgänge behauptet, schlicht als unglaubwürdig gelten. Dabei würde der Umkehrvorgang zu jedem Zeitpunkt den Gesetzen der mikroskopischen Mechanik gehorchen. Auch der Energieerhaltungssatz oder „1. Hauptsatz“ ist zu jedem Zeitpunkt für den Umkehrvorgang erfüllt. Der Vorgang ist nicht unmöglich – ist er nur so außerordentlich unwahrscheinlich, dass er „praktisch“ doch nicht vorkommt. Die Erfahrung der Nicht-Umkehrbarkeit (im Fachbegriff „irreversibel“ genannt) bestimmter Abläufe ist so evident, dass sie als eine Grundaussage (ein Axiom) in das Theoriegebäude der Wärmelehre aufgenommen wird: Dies Grundaussage bildet den 2. Hauptsatz der Thermodynamik. Der beinhaltet tatsächlich nichts anderes, als dass er Vorgänge wie den im "falschen Film" rechts oben ausschließt. Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik ist eines der Fundamente der Thermodynamik und er wird im Rahmen dieser Theorie nicht bewiesen, vielmehr ergibt sich seine Evidenz aus den oben aufgeführten Alltagserfahrungen und aus einer Vielzahl von experimentellen Beobachtungen. Trotz vielfältiger Bemühungen ist es bis heute niemandem gelungen, makroskopische Vorgänge wiederholbar zu beobachten, welche dem zweiten Hauptsatz widersprechen. Alle Erfahrungen stützen vielmehr den zweiten Hauptsatz – und das ist der Grund, weshalb er überhaupt formuliert wurde. Auch hier könnte eine lange Diskussion über Wahrheit, Beweis und Beweisbarkeit anschließen - vgl. die frühere Bemerkung zum Wesen naturwissenschaftlicher Erkenntnis.
Ein etwas tieferes Verständnis ist aber im Rahmen der Statistischen Mechanik möglich: Dort zeigt sich, dass der zweite Hauptsatz dem Streben eines Systems aus einer Vielzahl von kleinen, vermischten Einzelteilen zu einer „Gleichverteilung“ entspricht – maximales „Chaos“ ist sozusagen die natürliche Verteilung, solange keine ernsthaften Ursachen dem gezielt entgegenwirken. Dies kann als wahrscheinlichkeitstheoretische Begründung des zweiten Hauptsatzes angesehen werden – die Axiomatik verschiebt sich dann auf noch elementarere Axiome der Wahrscheinlichkeitstheorie.
Die folgende Formulierungen des zweiten Hauptsatzes sind zueinander gleichwertig (äquivalent). Hinweis für den mit physikalischen Größen und Gleichungen weniger Vertrauten: Die Grundzüge des zweiten Hauptsatzes sind in jeder der folgenden Formulierungen einzeln enthalten. Sie müssen sich also mit dem Verständnis der für Sie nicht viel aussagenden anderen Formulierungen nicht herumschlagen. Hinweis für den
am tieferen Verständnis Interessierten: Es wird im Anschluss an die
Formulierungen sogar ein (verkürzter) Beweis aufgeführt, der
die Gleichwertigkeit aller dieser Formulierungen beweist.
Eine abschließende Bemerkung:
Das Passivhaus arbeitet nicht gegen die Gesetze der Physik - das wäre auch sinnlos, wie sollte es dann zuverlässig funktionieren? Das Passivhaus nutzt vielmehr die Kenntnisse der Physik und setzt sie klug ein. Physik in verblüffender neuer Form für die Praxis nutzbar zu machen, das setzt nicht immer Hochenergiebeschleuniger im GeV-Bereich voraus. Auch die klassische Thermodynamik birgt noch viele innovative und nutzbringende Anwendungen. Das Passivhaus widerspricht dem zweiten Hauptsatz nicht - es nutzt aber alle heute bekannten "Tricks", um mit einem Gebäude möglichst nahe an die Reversibilität zu kommen. Das sind in etwa die gleichen Tricks, die ein guter Experimentalphysiker anwenden muss, wenn er "ohne Dreckeffekte" klassisch mechanische Versuche oder Demonstrationen zur klassischen Energieerhaltung vorführen will. Völlig reversibel wäre das System Haus dann, wenn es gar keinen Wärmeverlust mehr gäbe - das ist aber weder notwendig (denn noch scheint uns eine wärmende Sonne) noch im strengem Sinne möglich. Das Passivhaus kommt in unserer technischen Umgebung darauf hinaus, dass gegenüber den üblichen Lösungen die Entropie abnimmt - sie nimmt aber im Zeitablauf immer noch (ein ganz kleines Bisschen) zu. Geringer bleibt die Entropie nur gegenüber anderen Szenarien - das verbietet der zweite Hauptsatz nicht. Der macht nur eine Aussage über die Reihenfolge der zeitlichen Entwicklung.
In loser Folge werden weitere Beiträge in dieser Reihe erscheinen. Bereits erschienene Artikel: |
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Link zu Informationen zum Passivhaus: Passivhaus-Grundlagen. Link zur Homepage der Passivhaustagung: Passiv Haus Konferenz. Link zur Homepage des Passivhaus Institutes: (aktualisiert 05.11.2006 Autor:
Dr. Wolfgang Feist |