Wärmedämmung funktioniert Beleg 3: Außenthermographie

(Link zu Beleg 1, zu Beleg 2 und zu Beleg 4)

Hier folgt ein dritter unabhängiger Beleg dafür, dass Wärmedämmung von Gebäuden ganz erhebliche Energieeinsparungen ermöglicht. Weitere Belege werden folgen.

Alle Belege wurden durch saubere wissenschaftliche Methoden erbracht. Die Ergebnisse der dazu durchgeführten Messungen sind so eindeutig, dass jeder sie unmittelbar verstehen kann. Und diese Belege stehen in voller Übereinstimmung mit dem Erkenntnisstand der zuständigen Disziplin, der Bauphysik. Im Folgenden werden die Belege nachvollziehbar dargestellt - die wissenschaftliche Publikation ist an anderer Stelle längst erfolgt.

Dr. Wolfgang Feist leitet das Passivhaus-Institut in Darmstadt. Er ist Dipl.-Physiker und promovierter Bauphysiker.

Beleg 3:
Vergleichende Infrarot-Thermographie-Aufnahmen gedämmt / ungedämmt

Die Infrarot-Aufnahmetechnik oder Thermographie ist heute weit verbreitet. Infrarot wird der Bereich des nicht sichtbaren Lichtes genannt, der sich bei längeren Wellenlängen an das sichtbare Spektrum im Roten anschließt. Bei der Infrarot-Thermographie von Gebäuden interessiert das langwellige Infrarot (für Experten: 8-15 µm). In diesem Bereich strahlen die uns umgebenden Gegenstände Wärmestrahlung ab. Mit Wärmebildkameras kann diese langwellige Wärmestrahlung aufgenommen werden. Das Ergebnis ist wie ein Foto - nur dass nicht das sichtbare Licht, sondern die Wärmestrahlung abgebildet wird.

Dieses Bild zeigt den PHI-Mitarbeiter Dipl.-Phys. Oliver Kah beim "thermographieren"
Die Thermographiekamera ist auf einem Stativ montiert. Sie liefert ein farbiges Bild der IR-Strahlung im Wellenlängenbereich von 8 bis 15 µm, aus dem sich bei sorgfältiger Betrachtung Rückschlüsse auf die Temperaturen der Gegenstände ergeben. In diesem Fall "sieht" man einen blauen Fleck im Bereich des ganz frisch angebrachten Putzes unter der Fensterbank. Dieser ist noch sehr nass - Feuchtigkeit verdunstet und dies kühlt die betreffende Stelle. Der beschriebene Sachverhalt macht deutlich, dass es sich nicht bei jedem kalten Fleck um eine Wärmebrücke handeln muss; die richtige Erstellung und Auswertung von IR-Aufnahmen erfordert einigen Sachverstand.

Die folgende Infrarotaufnahme wurde während der Anbringung einer außen liegenden Wärmedämmung auf ein Gebäude am Jean-Paul-Platz in Nürnberg gemacht. Die Planung und Ausführung der Modernisierung dieses Gebäudes lag in den Händen des Architekten Dr. Burkhard Schulze-Darup. Das Passivhaus Institut hat den Bauherren (WBG Nürnberg) beraten und eine Qualitätssicherung durchgeführt. Dabei wurden u.a. die hier dokumentierten Aufnahmen gemacht. Die Modernisierung ist übrigens vorbildlich geplant und ausgeführt worden; der Heizenergieverbrauch in diesem Gebäude sank durch die Wirkung aller Maßnahmen auf weniger als ein Zehntel des Ausgangswertes (vgl. folgende Seite: Modernisierung mit Passivhaus-Effizienz). Auch dies wurde nachgemessen und publiziert.

IR-Aufnahme während der Ausführung der Dämmung. Die Außenwand im Erdgeschoss ist weitgehend fertig gedämmt, die Wand im oberen Geschoss aber nicht. Die neuen, sehr guten Fenster sind bereits montiert. Vor der Fassade steht ein Gerüst, dort hängen Pakete mit Dämmplatten (Siehe Foto)
 
Normalfoto etwa des gleichen Bereiches. Gut ist die Spachtelung auf dem alten Putz zu erkennen (hellgrau) sowie die Dämmplatten (dunkelgrau), die schon bis über das Erdgeschoss-fenster verlegt sind. Gerüst und Materialsäcke lassen genug freie Sicht auf die Wand zu. Sie dienen im Folgenden auch zu Vergleichszwecken.
Diese Aufnahme ist identisch zur Thermographie ganz oben, die interessanten Bereiche sind jedoch gekennzeichnet. Beachten Sie die weiße Grenzlinie zwischen dem ungedämmten und dem gedämmten Bereich.

Nochmals die gleiche Aufnahme, nun aber mit einge-tragenen mittleren Temperaturen der gekennzeichneten Bereiche.

Die Temperaturen hängen außer von der Strahlungsintensität auch noch von der Emissivität der Materialien ab. Diese liegt aber bei allen Materialien in diesem Bild, bis auf die Glasoberflächen, zwischen 0,93 und 0,96, ist also kaum unterschiedlich.


Diese IR-Aufnahmen sagen sehr viel aus:

  • Die Umgebungstemperatur liegt in etwa bei den 6,46 °C, die an der Oberfläche der frei am Gerüst hängenden Säcke gemessen wurde. Die Oberflächen dieser Säcke stehen im Gleichgewicht mit der Umgebung. Sie geben daher netto weder Wärme ab noch nehmen sie welche auf.

  • Die bereits gedämmten Teile der Fassade haben ein sehr einheitliches Temperaturniveau. Nur mit Mühe lässt sich dieses von dem der Säcke unterscheiden - auf dem Thermographiebild übersieht man die Säcke zunächst. Aber dennoch ist auch die wärmegedämmte Oberfläche noch etwas wärmer als es die frei stehenden Gegenstände sind. Das Thermographiebild wurde vor Sonnenaufgang gemacht; einfallende direkte oder indirekte Sonnenstrahlung ist daher nicht verantwortlich für die mit 6,81 °C im Mittel geringfügig höhere Temperatur. Tatsächlich ist die noch messbare Temperaturdifferenz auf den verbleibenden kleinen Wärmeverlust zurückzuführen, der immer noch, auch durch die gedämmte Wand, nach außen dringt. Ein gutes Zeichen ist die Gleichmäßigkeit der Thermographie im Bereich der gedämmten Wand. Dies zeigt, dass die Dämmung überall sauber ausgeführt wurde.

  • Die noch nicht gedämmte Fassade im Obergeschoss, das ebenfalls beheizt ist, weist mit im ungestörten Bereich durchschnittlich 9,14 °C eine viel höhere Temperatur auf. Zudem ist die Temperatur dort nicht gleichmäßig. Das hat unterschiedliche Ursachen: Einerseits erhöhen Wärmebrücken die Wärmeverluste zum Teil erheblich - das ist z.B. am Rand der Fenster gut zu sehen, hier hat die Wärme nur einen sehr kurzen Weg durch das Mauerwerk. Andererseits stehen zum Teil auch Möbel an den Außenwänden. Diese wirken wie eine teilweise Innendämmung, daher ist die Temperatur an diesen Stellen geringer. Übrigens ist die Temperatur auch der inneren Wandoberfläche hinter solchen Möbeln geringer - und das kann zu schweren Problemen führen. Bei schlecht gedämmten Außenwänden sollten besser keine Möbel unmittelbar vor den Außenwänden stehen.

  • Die Wärmeabgabe eines Gegenstandes ist in etwa proportional zur Differenz der Temperatur dieses Gegenstandes zur Umgebungstemperatur. Diese Differenz beträgt hier
    bei der ungedämmten Wand                                  9,14 - 6,46 = 2,68 Grad

    bei der      gedämmten Wand                                  6,81 - 6,46 = 0,35 Grad
    Damit kann der Wärmeverlust grob abgeschätzt werden: Er ist bei der gedämmten Wand um etwa einen Faktor 8 geringer als bei der ungedämmten Wand.

Das Thermographiebild zeigt nicht nur augenscheinlich, dass die gedämmte Fassade weniger Wärme verliert als die ungedämmte. Das Bild erlaubt es sogar, den Unterschied abzuschätzen. Allerdings ist diese Methode leider nicht sehr genau. Vor allem muss klar sein, dass es sich hierbei um einen "Schnappschuss" handelt, also eine Momentanaufnahme. Diese erlaubt nur dann eine Aussage, wenn die Verhältnisse über eine genügend lange Zeit vor der Aufnahme thermisch stabil waren - und insbesondere keine direkte Sonnenstrahlung einzelne Bereiche der Fassade erwärmt hat. Die letzten Stunden der Nacht sind eine gute Zeit für einigermaßen sinnvoll auswertbare Aufnahmen.

Bei einem Blick auf die Kante, an der die Wärmedämmung gerade endet (weißer Linienzug im zweitletzten Bild) "schaut" die gemauert Wand hinter der schon verlegten Dämmung hervor. Weit genug von der Kante ist die gemauerte Wand bereits wärmer geworden, weil sie nun weniger Wärme nach außen verliert - dort hat die ehemalige Wandaußenoberfläche eine Temperatur von über 18 °C. Das ist gut für die Konstruktion - die nun nicht mehr feucht werden kann, auch dann nicht, wenn ein Schrank innen vor der Wand stehen sollte. Diese hinter der gedämmten Wand erhöhte Temperatur führt andererseits zu einem Querwärmestrom durch die Mauer nach oben, so dass unmittelbar dort, wo die blanke alte Wandaußenoberfläche hinter der Dämmung herausschaut, die Temperatur noch höher ist als auf der ungestörten Altbauwandoberfläche. Das ist im Thermographiebild sehr gut zu sehen: An der Kante der Dämmung zur Dämmung läuft ein oranger Streifen entlang. Leider sieht man im Bild von unten auf die vordere Dämmstoffkante, die den Blick auf die dahinterliegende Wand etwas verdeckt - sonst wäre der Effekt noch deutlicher.

Folgendes Thermographiebild haben wir von der fertig gedämmten Fassade gemacht. Auch zu diesem Bild ist ein normales Foto zur Orientierung beigegeben.

Rechts in der Aufnahme: die fertig gedämmte und schon verputzte Fassade des Gebäudes, aufgenommen am 17.12.2002, um 7:52 durch den Autor.

Links in der Aufnahme: Im Hintergrund eine ungedämmte Altbauwand, teilweise verdeckt durch Bäume.

Normalfoto, wenig später aufgenom-men als die oben gezeigte Thermo-graphie - die Hubbühne für die Montage der Balkone ist gerade vorgefahren.

(Digitalaufnahme: 17.12.2002, 8:36 durch Dr. B. Schulze-Darup)

Die Thermographie zeigt auf der linken Seite (bunt) die ungedämmte Wand eines Altbaus. Diese leitet die Wärme sehr gut bis zur Außenoberfläche - und strahlt dort Wärme in die Umgebung ab. Dies ist durch die hohe Oberflächentemperatur zwischen 6 und 7 °C erkennbar. Die Umgebungstemperatur beträgt an diesem Morgen etwa 3,5 °C.

Auf der rechten Seite ist tiefblau die neue gedämmte Fassade zu sehen: Die Wärmedämmung verringert den Wärmefluss von innen nach außen ganz erheblich. Die neue Putzoberfläche hat eine gleichmäßig niedrige Temperatur von etwa 3,7 °C; diese Temperatur unterscheidet sich kaum von der Temperatur der im Freien stehenden Bäume. Das zeigt, dass der Wärmeverlust nur extrem gering ist. Der Verlust durch die Fenster ist schon etwas höher. Und das gekippte Fenster (oben links) beweist, dass das Haus nicht etwa unbeheizt ist (vgl. auch Anmerkung 1).

 

Fazit:

Auch die Untersuchungen in diesem Teil 3 zeigen, dass eine verbesserte Wärmedämmung wirksam ist, dass sie die Wärmeverluste sehr stark reduziert und dass die eingeführten und in der Wissenschaft anerkannten Rechenmethoden zuverlässig sind.

In loser Folge werden weitere Beiträge in dieser Reihe erscheinen.

 

Link zu Beleg 1: Messung in einer gedämmten Wand
Wärmedämmung funktioniert (1).

Link zu Beleg 2: Messung des Heizenergieverbrauchs in einem sehr gut wärmegedämmten Haus
Wärmedämmung funktioniert (2).

Link zu Beleg 4 zur Wirksamkeit der Wärmedämmung:
Verbrauchsmessung gedämmter Altbau (4)

Link zu Informationen zum Passivhaus: Passivhaus-Grundlagen.

Link zur Homepage der Passivhaustagung: Passiv Haus Konferenz.

Link zur Homepage des Passivhaus Institutes:

(aktualisiert 02.11.2006 Autor: Dr. Wolfgang Feist 
 © Passivhaus Institut; unveränderte und ungekürzte Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet. Diese Seiten werden ständig aktualisiert und erweitert.)

1) Anmerkung zum gekippten Fenster

Ein schönes Thermographiebild eines gekippten Fensters in diesem Gebäude zeigen die beiden folgenden Bilder; es ist jeweils die gleiche Aufnahme, nur die Temperaturskala bei der Wiedergabe im Bild wurde anders gewählt: Oben sind nur Temperaturen von +2 bis +10 °C aufgelöst, noch höhere Werte erscheinen einfach weiß. Im unteren Bild geht die Skala von +2 bis +20°C. Nun kann man das gekippte Fenster gut sehen und bis auf die Fensterbrüstung (hellviolett) schauen. Dort innen hat die Oberfläche fast 19°C. Das zeigt, wie gut die Dämmung funkioniert: selbst bei geöffnetem Fenster und direkt neben der Fenstereinbauwärmebrücke ist die Wandoberfläche warm.

Ein prachtvoller Blick im Infrarotlicht auf ein gekipptes Fenster. Wieder lässt sich die Umgebungstemperatur gut am Ast des Baumes ablesen
(etwa 3,4 °C).

Die ungestörte Außen-fassade hat um 3,8 °C (rechts unten).

Die nur schwach erkennbaren hellblauen Dübelköpfe liegen bei
4,1 °C.

Die identische Aufnahme, dargestellt in einem größeren Temperaturbereich.
Im Außenraum erscheint jetzt alles tiefblau "kalt".
Durch das gekippte Fenster kann man auf die innere Oberfläche des Fenstersturzes sehen. Dieser hat eine Temperatur von fast 19 °C.
Das Bild zeigt auch, wie die Warmluftfahne, die aus dem Fenster austritt, an der Außenwand entlang streicht (nach oben, wegen der geringeren Dichte der warmen Luft).