Wieviel Luft
ist gute Luft?
Bei einer nach der Personenzahl
ausgelegten Lüftungsanlage (30 m³/h pro Person) treten
praktisch keine Klagen über schlechte Luft auf, sehr wohl aber
solche über zu trockene Luft bei höheren Luftmengen. Es
wurden auch die zusätzlichen Fensterlüftungen in der Heizperiode
bei Passivhäusern wissenschaftlich untersucht: Diese sind in
geringem Maß vorhanden, mit der Zeit aber abnehmend (Ablegen
alter Gewohnheiten aus der Zeit der Fensterlüftung ohne Lüftungsanlage
in der alten Wohnung), praktisch und energetisch ist das nicht relevant!
Natürlich kann man immer noch mehr Luft fördern - und
kommt theoretisch im Falle unendlich hoher Luftwechselrate zur Außenluftqualität
- in der Praxis wirken Strömungsgeräusche und Zugerscheinungen
(abgesehen vom Energieaufwand für die Luftförderung und
die Lüftungsverluste) begrenzend. Wird keine Befeuchtung vorgesehen
(hoher Aufwand für Wartung, Hygiene und Energie) ist primär
die geringe Raumluftfeuchte limitierend (siehe Abschnitt Lüftung/Feuchte).
Anpassung der
Luftmengen durch den Nutzer
Prinzipiell ist es sinnvoll,
wenn die Bewohner je nach Anwesenheitszeiten und Belegungsdichte
die Luftmengen selbst regeln können. Betriebserfahrungen und
Messdatenauswertungen (z.B. Auswertung der Betriebsstufenschalterstellung
im Geschosswohnungsbau Kassel Marbachshöhe) haben gezeigt,
dass die Anlagen trotz vorhandener Eingriffsmöglichkeit durch
die Personen fast immer auf Stufe "normal" durchlaufen.
Auch im Einfamilienhaus erfolgt, wenn überhaupt, die Anpassung
der Luftmengen nur bei längerer Abwesenheit. Das heißt
nicht, dass zumindest ein 3-Stufenschalter nicht sinnvoll ist (die
Stoßlüftungsstufe "Partylüftung" sollte
nach ca. 30-45 min. selbsttätig wieder auf Stufe "Normal"
zurückfallen, die Stufe "minimal" sollte den Mindestluftwechsel
von 0,3 1/h sicherstellen).
Automatische
Luftmengenanpassung?
Im ersten Passivhaus
Darmstadt Kranichstein wurde bereits vor 17 Jahren eine Feuchte-
und CO2-gesteuerte Lüftungsanlage mit Verschiebung der Luftmengen
zwischen EG und Schlafbereich im OG installiert und betrieben -
mit dem Ziel, die Luftmengen bei gleichzeitiger Optimierung der
Luftqualität zu reduzieren. Das Ergebnis aus heutiger Sicht:
dies ist nicht praxisrelevant, es ist wartungsanfällig und
teuer. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass mit cleveren
Ideen und neuer Technik deutlich bessere Resultate erzeilt werden
können, bislang sind allerdings noch keine verbesserten Systeme
auf dem Markt.
Planung und Dimensionierung
der Anlage - Überdimensionierung des Gerätes kann zu Problemen
im Bereich geringer Luftmengen führen!
Zunächst wird die
Kanalnetzkennlinie durch Auslegung der Kanalquerschnitte und Druckverlustberechnung
inklusive aller Einbauten durchgeführt. Passend zu dieser Kennlinie
wird ein Gerät mit einer bestimmten Ventilatorkennlinie (gem.
Muscheldiagramm = "Druck/Volumenstromdiagramm mit Flächen
gleicher Ventilatorwirkungsgrade" nach Möglichkeit mit
höchster Effizienz im mittleren Dauerbetriebsfall) ausgewählt.
Das Gerät muss den Stoßlüftungsvolumenstrom noch
fördern können (nicht mit höchster Effizienz, weil
die Laufzeiten in Stoßlüftungsstufe ja relativ gering
sind), und die minimale Fördermenge von 0,3 1/h Luftwechsel
muss ebenfalls erreicht werden können.
Genau hier liegt das Problem bei Überdimensionierung: auch
moderne Geräte haben nur einen begrenzten Regelbereich und
weisen einen bestimmten Mindestvolumenstrom auf (dieser fällt
bei größeren Geräten eben höher aus). Die obere
und untere Grenze sind also für die Geräteauswahl/Dimensionierung
relevant, im Bereich des Dauerbetriebs sollte das Gerät nach
Möglichkeit den höchsten Ventilatorwirkungsgrad haben.
Viel hilft viel?
- Bei der Lüftung nicht immer!
Die Gerätegröße
sollte somit mit Bedacht gewählt werden, damit auch noch geringe
Volumenströme gefördert werden können und die Luftmengen
sind nicht nur auf die Schadstoffabfuhr sondern auch auf die Feuchteabfuhr
im Verhältnis zu den Feuchtequellen zu dimensionieren. Die
Auslegung der Kanäle und Einbauten wird dagegen eigentlich
nur durch die Kosten und den Platzbedarf begrenzt. Mit ca. 1 Pa/m
Kanallänge im Normalbetrieb ist bereits ein guter Kompromiss
erreicht - bei geringeren Volumenströmen wird die Anlage dann
sogar noch effizienter.
Künftige
Entwicklungen
Lüftungsanlagen
werden sich auch künftig weiter hinsichtlich Nutzerkomfort,
Effizienz und Kosten verbessern, die Anlagen sind aber bereits heute
ausgereift und wesentlicher Bestandteil moderner (oder sanierter)
Gebäude für Komfort und Raumluftqualität.
(zuletzt geändert:
27.07.2009 Autor: Dr. Rainer Pfluger
©
Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der
Quelle gestattet)
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