Zur Definition des Wärmebrückenfreien Konstruierens
Eine Gebäudehülle
heißt wärmebrückenfrei, wenn der Transmissionswärmeverlust
unter Berücksichtigung aller Wärmebrücken nicht höher
ist als es die Berechnung allein mit den Außenoberflächen
und den U-Werten der Regelbauteile ergibt. Regelmäßige
Wärmebrücken in den Regelbauteilen müssen dabei schon
in den Regel-U-Werten berücksichtigt werden [AkkP 16]. Im Folgenden
wird dies in Formeln gefasst.
Der
gesamte temperaturspezifische Wärmeverlust wird durch den Transmissionsleitwert
HT charakterisiert. Er setzt sich aus den regulären
Verlusten aller Flächen A mit ihren regulären
Wärmedurchgangskoeffizienten U
U⋅A
und den Wärmebrückenbeiträgen (Ψ ⋅ l)
sowie &Chi zusammen; da die punktförmigen Beiträge
in der Regel unbedeutend sind, werden sie im Folgenden nicht näher
betrachtet. (Ψ ist der lineare, &Chi der
punktförmige Wärmebrückenverlustkoeffizient).
„Wärmebrückenfreies Konstruieren“ ist dann
folgt definiert: Die durch die „Wärmebrückenterme“
gegebenen Beiträge sind kleiner oder gleich Null:
∑ &Psi ⋅ l +
∑ &Chi &le 0
[Definition wärmebrückenfrei]
Dann ist es zulässig, die Wärmebrückeneffekte gar
nicht erst einzubeziehen und damit die Rechnung erheblich zu vereinfachen.
Damit gleichbedeutend ist die Aussage
Δ
UWB ≤ 0.
Dabei
ist Δ UWB der Wärmebrückenzuschlag
nach Energieeinsparverordnung.
Vereinfachtes
Kriterium
Eine Überprüfung mit der Definition wärmebrückenfrei
liefe aber darauf hinaus, dass alle Details immer noch mehrdimensional
berechnet werden müssten. Es gilt daher, vereinfachte Kriterien
für das „Wärmebrückenfreie Konstruieren“
zu schaffen. Es stellte sich heraus, dass bei üblichen Gebäudegeometrien
die Bedingung "wärmebrückenfrei" nahezu immer
hinreichend genau erfüllt ist, wenn nur für alle linearen
Störungen
Ψ
≤ 0,01 W/(mK) [WbKrit]
ist. Diese können immer noch zu gewissen positiven Beiträgen
führen, die allerdings als „vernachlässigbar gering“
gelten können.
Außerdem werden verbliebene Beiträge in gewissem Umfang
durch andere Anschlüsse, an denen negative Wärmebrückenverlustkoeffizienten
vorliegen, kompensiert. Die Bedingung [WbKrit] reicht für alle
Strukturen, die Anschlüsse, Kanten und einzelne Störungen
in den Regelflächen betreffen. Regelmäßige Störungen,
die in den Regelflächen auftreten, müssen bereits bei
der Angabe des Regel-Wärmedurchgangskoeffizienten Ureg
berücksichtigt werden (z.B. regelmäßige Stiele in
einer Holzständer- oder Tafelkonstruktion; auch die Anschlusswärmebrücke
beim Einbau eines Fensters rechnet man zweckmäßigerweise
in den regulären Fenster-U-Wert ein, dies ist im PHPP
bereits so angelegt und macht wenig Arbeit).
Mit dem vereinfachten
Kriterium werden die Planung und der Bau ganz entscheidend vereinfacht:
Für eine Klasse von Anschlussdetails muss nur einmal im Vorfeld
nachgewiesen worden sein, dass sie das Kriterium [WbKrit] erfüllen.
Dass kann z.B. durch eine Berechnung aller relevanten Details für
Gebäudehüllen erfolgen. Viele Systemhersteller sind diesem
Ansatz bereits gefolgt und haben für alle von ihnen bereitgestellten
Details die Einhaltung des Kriteriums überprüfen lassen.
Verwendet der Planer solche Details, so kann er bei der Passivhaus-Projektierung
die Wärmebrückentherme einfach weglassen - und spart viel
Arbeit bei der Berechnung.
Auf der Internet-Seite
des Passivhaus-Institutes
finden sich zahlreiche Beispiele für Bausysteme, bei denen
sämtliche normalerweise benötigten Anschlussdetails als
"wärmebrückenfrei" zertifiziert sind.
Wie
plant man wärmebrückenfrei?
Eine anschauliche Hilfe ist durch folgenden Grundsatz gegeben: Dämmschichten
so planen, dass die gesamte Außenhülle ohne Absetzen vollständig
mit einem Stift der Mindest-Dämmdicke (beim Passivhaus etwa 20 cm)
innerhalb der Dämmschichten umfahren werden kann. Die folgende Abbildung
illustriert das Prinzip an einer Schnittzeichnung. Die entscheidenden
Punkte werden so schnell erkennbar: Z.B. die Mauerwerksfußpunkte
auf der Kellerdecke. Wie dafür Lösungen aussehen können
vgl. die linke Spalte dieses Artikels.

Die Intention
beim Ansatz "Wärmebrückenfreies Konstruieren"
ist, dass sich dabei eine substantielle Verbesserung der Details
ergibt. Wir ziehen eine vielleicht geringfügig teurere substantielle
Verbesserung der Details einer ebenfalls kostenrelevanten detaillierten
Nachrechnung weniger guter Anschlüsse vor.
Die Erfahrungen
mit zahlreichen Bausystemen, für die das Prinzip des "Wärmebrückenfreien
Konstruieren" bereits durchentwickelt wurde, sind positiv.
Es gibt bereits vollständige Detailkatologe für Wärmebrückenfreie
Konstruktionen für den
- Massivbau
mit Vollmauersteinen,
- Massivbau mit Steinen
geringer Wärmeleitfähigkeit (z.B. Porenbeton),
- Holzbau
(sowohl mit Vollholzträgern als auch mit Leichtbauträgern),
- Bau
mit Schalungselementetechnik,
- Bau
mit vorgefertigten Leichtbetonelementen.
Für den Massivbau,
den Holzbau und die Schalungselemente finden sich Details im Protokollband
[AkkP 16]. Holzbaudetails finden sich auch in der Holzbaubroschüre
[Kaufmann 2002].
Das Passivhaus Institut
berät Hersteller bei der Entwicklung wärmebrückenfreier
Konstruktionen.
Literatur:
[AkkP 16] Wärmebrückenfreies
Konstruieren ; Protokollband Nr. 16 des Arbeitskreises
kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut,
Darmstadt 1999 (Link
zur Publikationsliste, PDF,
200kB)
[Kaufmann 2002] Das
Passivhaus – Energie-Effizientes-Bauen, holzbau handbuch
Reihe 1: Entwurf und Konstruktion Teil 3: Wohn- und Verwaltungsbauten
Folge 10: Passivhaus – Energie-Effizientes-Bauen, DGfH Innovations-
und Service GmbH,
kostenloser download aus dem Internet:
Passivhaus-Holzbau PDF,
1kB)
(zuletzt bearbeitet:
31.10.2006 Dr. Wolfgang Feist
© Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter
Angabe der Quelle gestattet) |