Passivhauskomponenten
auch bei der Modernisierung von Altbauten
Die Modernisierung des
Altbaubestandes ist ohne Zweifel die wichtigste Zukunftsaufgabe
im Bausektor. Das betonen inzwischen alle Beteiligten, von der Politik
über die Wohnungsunternehmen bis zu Bauhandwerk und Bauindustrie.
Worüber jedoch heute
keinesfalls Einigkeit besteht, das ist das erforderliche Qualitätsniveau
der längst überfälligen Erneuerung der Fassaden,
Fenster und haustechnischen Anlagen. Noch immer glaubt die Mehrzahl
der Eigentümer, es müsse mit einem Neuanstrich des Putzes
und einem Auswechseln des Uralt-Brenners am Heizkessel getan sein.
Aber selbst bei den Fachleuten aus Bauphysik und Heizungstechnik
gibt es eine unverständliche Tendenz zur Selbstbeschränkung
der Qualität bei der Modernisierung auf ein bescheidenes Mittelmaß.
Schon in sechs Beiträgen
auf dem Plenum der 9. Passivhaus Konferenz wird aus unterschiedlichen
Perspektiven deutlich, dass auf diesem Gebiet gerade das Mittelmaß
die denkbar schlechteste Alternative darstellt: Ein wirklich schlecht
gedämmtes Gebäude kann man bei steigendem Leidensdruck
(Energiepreis) irgendwann dann doch vernünftig wärmedämmen
- und auch eine alte Heizanlage mit übermäßigen
Verlusten auszuwechseln, das lohnt in jedem Fall den Aufwand. Bei
einem mittelmäßig guten Standard lohnt sich das auch
künftig wegen der hohen konstruktiven Fixkosten nicht; deshalb
ist es so entscheidend, die Gelegenheiten nicht verstreichen und
zu lassen und immer gleich das für die Zukunft optimale umzusetzen:
- Eberhard Jochem
zeigt im Plenarvortrag am Freitag, wieso Eigentümer gut beraten
sind, die Ökonomie von Maßnahmen richtig zu rechnen
und dass dabei vernünftige Investitionsentscheidungen herauskommen:
Investitionen in gute Energieeffizienz sind nämlich heute
einzelwirtschaftlich attraktiv - auch wenn dies manche Eigentümer
aus unterschiedlichsten Gründen nicht wahr haben wollen.
- Wolfgang Feist
zeigt in seinem ersten Plenumsvortrag, dass die Devise bei Neubau
und Modernisierung "wenn schon, denn schon"
heißen muss. Gebäudehüllen sind langlebige Wirtschaftsgüter;
eine heute unterlassene qualitative Verbesserung wird den Eigentümer
noch jahrzehntelang schmerzen.
- Mark Zimmermann
geht im Plenum am Samstag den Bedingungen nach, die für eine
nachhaltige Entwicklung erfüllt sein müssen.
Mit lascheren Zielvorgaben als dem Niveau des Passivhausstandards
für den Neubau und entsprechende Komponenten im Bestand ist
eine solche nachhaltige Entwicklung kaum zu erreichen. Und selbst
der Passivhausstandard allein reicht noch nicht; er bietet aber
eine gute Grundlage.
- Walter Braun
kennt die Praxis aus Sicht der Wohnungswirtschaft; er zeigt die
Vorteile auf, die aus einer nachhaltigen Entwicklung entstehen:
Vorteile, die nicht nur den Mietern zugute kommen. Messbar verringerte
Leerstandsquoten sind handfeste ökonomische Vorteile
gerade für die Wohnungsbaugesellschaften.
- Burkhard Schulze
Darup hat den Umbau zahlreicher Altbauten nach der Zielsetzung
"Faktor 10" begleitet und kann Kompetentes
zur Wirtschaftlichkeit und zu Strategien für die weitere
Umsetzung beitragen.
Wie - das sind nur fünf
- Nr. 6 kommt erst ganz
zum Schluss.
Insgesamt drei Arbeitsgruppen
befassen sich ausschließlich mit dem Thema der Bestandssanierung
- und selbst in den übrigen AGs gibt es immer wieder Bezüge
zur Modernisierung. Das zeigt den hohen Stellenwert, den die Sanierung
mit Passivhauskomponenten inzwischen hat:
"Geht nicht
- gibt's nicht" ist das Motto von Arbeitsgruppe 5,
in der eine Scheune zum Wohnhaus wird (Stefan Oehler),
Betriebserfahrungen aus dem mit Passivhauskomponenten sanierten
eza!-Haus dokumentiert werden (Martin Sambale)
und André Zaman einen Werkstattbericht zur
Modernisierung eines 60er Jahre Geschosswohnungsbaus zum Passivhaus
gibt; die Baustelle der GAG in Ludwigshafen wird am 1. Mai auf der
Exkursion zu besichtigen sein. Rainer Pfluger zeigt,
wie selbst unter ungünstigen Bedingungen Lüftungstechnik
bei Altbaumodernisierungen integriert werden kann. Matthias
von Oesen kann bereits die regionalen Rahmenbedingungen
für die Modernisierung im Einzugsgebiet der Stadtwerke Hannover
vorstellen.
Ludwig Rongen,
Florian Lichtblau, Martin Ufheil und Carsten Bisanz berichten
in Arbeitsgruppe 1 über Ergebnisse bei weiteren mit
Passivhaus-Komponenten modernisierten Gebäuden. Grundsätzlich
zeigt dort Bernd Steinmüller den Weg der Passivhaustechnologie
im Bestand von der Vision in die breite Umsetzung auf und vermittelt
an Hand leicht handhabbarer Kenndaten, warum bei der Modernisierung
nicht ausgerechnet bei der Dämmdicke gespart werden sollte.
Hartmut Hübner,
Nicole Weyand, Ulrich Rochard und Burkhard Schulze Darup
können in Arbeitsgruppe 9 bereits aus dem Vollen schöpfen:
Messergebnisse aus mit Passivhauskomponenten modernisierten Altbauten
liegen vor und beweisen, dass der Faktor 10 kein Wunschdenken, sondern
ein reproduzierbarer Baustandard für die Gegenwart ist. In
dieser Arbeitsgruppe wird auch die systematische Lebenszyklus-Analyse
von Cornelia Mossmann präsentiert, womit die
Ergebnisse der Passivhausentwicklung nun (endlich!) auch die Anerkennung
durch die Karlsruher Lebenszyklus-Analyse-Schule um Prof. Kohler
erhält.
Ein weiteres Modernisierungsprojekt
hat es sogar in Arbeitsgruppe 2 ("Architektur erschließt
den Passivhausstandard") geschafft: Michael Tribus
(Südtirol) stellt die gerade im Umbau befindliche "EXPOST"
in Bozen vor; bisher ein hässlicher Kasten an Gleis 1 des Bozener
Hauptbahnhofes - er wird zum Passivhaus mit architektonischem Pfiff;
obendrein zieht dort der Landesrat für Energie ein (in Deutschland
nennt sich das ein Landesministerium). Das Passivhaus ist in Italien
angekommen und offenbar in guten Händen.
Ganz
am Ende führt Wolfgang Feist im Plenum mit
dem Beitrag "Substanz entscheidet" die Fäden noch
einmal zusammen. Nur wirklich substanzielle Verbesserungen bringen
die Entwicklung voran; schade ist es um jede verstrichene Chance,
um jedes nur mittelmäßig sanierte Objekt.
(aktualisiert:
26.03.2005 © Passivhaus Institut; unveränderte
Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)
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