Nachträgliche Wärmedämmung in Passivhaus-Niveau in der Praxis (Foto: Schulze-Darup).


Wenn schon Wärmedämmen, dann richtig - auch bei einem alten Haus. Denn, ordentlich ausgeführt, wird die Fassade so schnell nicht nochmals modernisiert. Eine nachträgliche Dämmung auf Passivhausniveau ist unter den gegenwärtigen und künftigen Randbedingungen ökonomisch optimal.


Alte Substanz bleibt erhalten, wird aber unter Einsatz moderner Prinzipien zum Passivhaus - Ludwig Rongen zeigt Entwurf und Ergebnisse in Arbeitsgruppe 1.


Altes Haus ganz neu - Grunderneuerung eines Reihenhauses mit Vakuum-Dämmung mit "Faktor 10" Zielsetzung durch Florian Lichtblau (Arbeitsgruppe 1).


Wie entsteht aus einem lieblosen Funktionsbau ein repräsentativer Sitz für den Südtiroler Landesrat für Energie? Michael Tribus zeigt es in Arbeitsgruppe 2.


Bleibende Wärmebrücken am Treppenabgang? Bernd Steinmüller hat Lösungen systematisch untersucht (Arbeitsgruppe 1).


Messergebnisse aus einer der ersten Altbau-Modernisierungen mit Passivhauskomponenten (Nürnberg, Jean-Paul-Platz, hier die Ansicht der modernisierten Fassade) werden von Burkhard Schulze-Darup vorgestellt.


Ergebnisse der Verbrauchsmessungen aus Nürnberg: die Heizenergiebilanz nach PHPP erlaubt eine zuverlässige Prognose der Einsparungen.


Ein Geschosswohnungsbau der 60er Jahre wird zum Passivhaus. André Zaman von der GAG Ludwigshafen stellt das Projekt in Arbeitsgruppe 5 vor - die Baustelle ist wichtige Station der Besichtigungstour am 1. Mai.

 

 

Passivhauskomponenten auch bei der Modernisierung von Altbauten

Die Modernisierung des Altbaubestandes ist ohne Zweifel die wichtigste Zukunftsaufgabe im Bausektor. Das betonen inzwischen alle Beteiligten, von der Politik über die Wohnungsunternehmen bis zu Bauhandwerk und Bauindustrie.

Worüber jedoch heute keinesfalls Einigkeit besteht, das ist das erforderliche Qualitätsniveau der längst überfälligen Erneuerung der Fassaden, Fenster und haustechnischen Anlagen. Noch immer glaubt die Mehrzahl der Eigentümer, es müsse mit einem Neuanstrich des Putzes und einem Auswechseln des Uralt-Brenners am Heizkessel getan sein. Aber selbst bei den Fachleuten aus Bauphysik und Heizungstechnik gibt es eine unverständliche Tendenz zur Selbstbeschränkung der Qualität bei der Modernisierung auf ein bescheidenes Mittelmaß.

Schon in sechs Beiträgen auf dem Plenum der 9. Passivhaus Konferenz wird aus unterschiedlichen Perspektiven deutlich, dass auf diesem Gebiet gerade das Mittelmaß die denkbar schlechteste Alternative darstellt: Ein wirklich schlecht gedämmtes Gebäude kann man bei steigendem Leidensdruck (Energiepreis) irgendwann dann doch vernünftig wärmedämmen - und auch eine alte Heizanlage mit übermäßigen Verlusten auszuwechseln, das lohnt in jedem Fall den Aufwand. Bei einem mittelmäßig guten Standard lohnt sich das auch künftig wegen der hohen konstruktiven Fixkosten nicht; deshalb ist es so entscheidend, die Gelegenheiten nicht verstreichen und zu lassen und immer gleich das für die Zukunft optimale umzusetzen:

  • Eberhard Jochem zeigt im Plenarvortrag am Freitag, wieso Eigentümer gut beraten sind, die Ökonomie von Maßnahmen richtig zu rechnen und dass dabei vernünftige Investitionsentscheidungen herauskommen: Investitionen in gute Energieeffizienz sind nämlich heute einzelwirtschaftlich attraktiv - auch wenn dies manche Eigentümer aus unterschiedlichsten Gründen nicht wahr haben wollen.
  • Wolfgang Feist zeigt in seinem ersten Plenumsvortrag, dass die Devise bei Neubau und Modernisierung "wenn schon, denn schon" heißen muss. Gebäudehüllen sind langlebige Wirtschaftsgüter; eine heute unterlassene qualitative Verbesserung wird den Eigentümer noch jahrzehntelang schmerzen.
  • Mark Zimmermann geht im Plenum am Samstag den Bedingungen nach, die für eine nachhaltige Entwicklung erfüllt sein müssen. Mit lascheren Zielvorgaben als dem Niveau des Passivhausstandards für den Neubau und entsprechende Komponenten im Bestand ist eine solche nachhaltige Entwicklung kaum zu erreichen. Und selbst der Passivhausstandard allein reicht noch nicht; er bietet aber eine gute Grundlage.
  • Walter Braun kennt die Praxis aus Sicht der Wohnungswirtschaft; er zeigt die Vorteile auf, die aus einer nachhaltigen Entwicklung entstehen: Vorteile, die nicht nur den Mietern zugute kommen. Messbar verringerte Leerstandsquoten sind handfeste ökonomische Vorteile gerade für die Wohnungsbaugesellschaften.
  • Burkhard Schulze Darup hat den Umbau zahlreicher Altbauten nach der Zielsetzung "Faktor 10" begleitet und kann Kompetentes zur Wirtschaftlichkeit und zu Strategien für die weitere Umsetzung beitragen.

Wie - das sind nur fünf - Nr. 6 kommt erst ganz zum Schluss.

Insgesamt drei Arbeitsgruppen befassen sich ausschließlich mit dem Thema der Bestandssanierung - und selbst in den übrigen AGs gibt es immer wieder Bezüge zur Modernisierung. Das zeigt den hohen Stellenwert, den die Sanierung mit Passivhauskomponenten inzwischen hat:

"Geht nicht - gibt's nicht" ist das Motto von Arbeitsgruppe 5, in der eine Scheune zum Wohnhaus wird (Stefan Oehler), Betriebserfahrungen aus dem mit Passivhauskomponenten sanierten eza!-Haus dokumentiert werden (Martin Sambale) und André Zaman einen Werkstattbericht zur Modernisierung eines 60er Jahre Geschosswohnungsbaus zum Passivhaus gibt; die Baustelle der GAG in Ludwigshafen wird am 1. Mai auf der Exkursion zu besichtigen sein. Rainer Pfluger zeigt, wie selbst unter ungünstigen Bedingungen Lüftungstechnik bei Altbaumodernisierungen integriert werden kann. Matthias von Oesen kann bereits die regionalen Rahmenbedingungen für die Modernisierung im Einzugsgebiet der Stadtwerke Hannover vorstellen.

Ludwig Rongen, Florian Lichtblau, Martin Ufheil und Carsten Bisanz berichten in Arbeitsgruppe 1 über Ergebnisse bei weiteren mit Passivhaus-Komponenten modernisierten Gebäuden. Grundsätzlich zeigt dort Bernd Steinmüller den Weg der Passivhaustechnologie im Bestand von der Vision in die breite Umsetzung auf und vermittelt an Hand leicht handhabbarer Kenndaten, warum bei der Modernisierung nicht ausgerechnet bei der Dämmdicke gespart werden sollte.

Hartmut Hübner, Nicole Weyand, Ulrich Rochard und Burkhard Schulze Darup können in Arbeitsgruppe 9 bereits aus dem Vollen schöpfen: Messergebnisse aus mit Passivhauskomponenten modernisierten Altbauten liegen vor und beweisen, dass der Faktor 10 kein Wunschdenken, sondern ein reproduzierbarer Baustandard für die Gegenwart ist. In dieser Arbeitsgruppe wird auch die systematische Lebenszyklus-Analyse von Cornelia Mossmann präsentiert, womit die Ergebnisse der Passivhausentwicklung nun (endlich!) auch die Anerkennung durch die Karlsruher Lebenszyklus-Analyse-Schule um Prof. Kohler erhält.

Ein weiteres Modernisierungsprojekt hat es sogar in Arbeitsgruppe 2 ("Architektur erschließt den Passivhausstandard") geschafft: Michael Tribus (Südtirol) stellt die gerade im Umbau befindliche "EXPOST" in Bozen vor; bisher ein hässlicher Kasten an Gleis 1 des Bozener Hauptbahnhofes - er wird zum Passivhaus mit architektonischem Pfiff; obendrein zieht dort der Landesrat für Energie ein (in Deutschland nennt sich das ein Landesministerium). Das Passivhaus ist in Italien angekommen und offenbar in guten Händen.

Ganz am Ende führt Wolfgang Feist im Plenum mit dem Beitrag "Substanz entscheidet" die Fäden noch einmal zusammen. Nur wirklich substanzielle Verbesserungen bringen die Entwicklung voran; schade ist es um jede verstrichene Chance, um jedes nur mittelmäßig sanierte Objekt.

(aktualisiert: 26.03.2005   © Passivhaus Institut; unveränderte Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)