Passivhaus
in ungünstiger Lage:
Gibt es Grenzen bei der Verschattung?
Wo liegen eigentlich die
Grenzen des Passivhausstandards? Liegen sie z.B. bei der Ausrichtung
des Gebäudes, der Verschattung der Hauptfassade? Die "richtige"
Orientierung zur Sonne hat bei der Passivhausprojektierung hohe
Priorität, stellt doch die passive Solarenergienutzung eine
wichtige Energiequelle für ein Passivhaus dar. Die "Grenzen
des Passivhausstandards" wurden theoretisch bereits im Arbeitskreis
kostengünstige Passivhäuser Nr. 19 [Feist/Ebel 2000] untersucht.
Nun musste auch die Praxis
zeigen, wie groß der Einfluss der Gebäudeausrichtung
wirklich ist. In Frankfurt wurde 2002 ein Mehrfamilien-Passivhausprojekt
mit 19 Wohnungen bezogen, bei dem ein Gebäudeteil mit 8 Wohnungen
fast genau nach Norden ausgerichtet ist. Der Grund dafür liegt
in der unverbauten Aussicht von diesem Gebäudeteil auf den
Feldberg im Taunus und die ungünstigen Verschattungsverhältnisse,
wie sie innerstädtisch häufig anzutreffen sind.
Dass der dadurch erforderliche
Zusatzaufwand nur gering ist, zeigt der Beitrag "Passivhaus
mit Nordorientierung" von Søren Peper
in AG 10. Dort werden die positiven Ergebnisse der messtechnischen
Begleitung des Projektes vorgestellt. Die Messungen zeigen unter
anderem, dass der Unterschied durch die Nordausrichtung und Verschattung
nur 4 kWh/(m²a) beträgt (Gebäude-Teil A: 10,5, Gebäude-Teil:
B 14,5 kWh/(m²a)). Im Mittel über die 19 Wohnungen beträgt
der gemessenen Heizwärmeverbrauch 12,2 kWh/(m²a), bei
im Winter durchschnittlich behaglichen 21,3 °C Raumtemperatur.
Damit bestätigt die Praxis die Theorie: Ein bedeutender Einfluss
der Ausrichtung ist eindeutig nachweisbar, er wird jedoch häufig
gefühlsmäßig überschätzt. Es gibt andere
Kriterien - wie die sommerliche Überhitzung - die für
die Frage der Ausrichtung des Baukörpers ebenfalls berücksichtigt
werden sollten.
Auch die anderen Beiträge
in Arbeitsgruppe 10 "Passivhaus Gebäudehülle"
versprechen spannend zu werden: Ob zum Aufbruch vom "Lehmbau
im Passivhaus" (J. Seidel) oder sogar dem
Stroh-Lehm-Fertigteil (G. Reinberg) bis hin zum
großen Passivhaus mit beheiztem Atrium (!) (C. Bisanz)
gibt es viel aus der Praxis zu hören. Abgerundet wird das Ganze
durch die Untersuchungen zu den wesentlichen Einflussfaktoren auf
die Energiebilanz der Gebäudehülle - wobei auch die Beschaffenheit
der Außenoberfläche bzgl. der Strahlungsbilanz eine Rolle
spielt (O. Kah).
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