Lüftung
im Passivhaus –
es geht nur mit höchster Effizienz
Eine auf den Frischluftbedarf
eingestellte Komfortlüftung ist unverzichtbar in jedem Passivhaus.
Die Gründe dafür sind:
- Ein regelmäßiger,
gesicherter und ausreichender Luftaustausch in der kalten Jahreszeit
ist nur mit einer gezielten Komfortlüftung möglich –
das gilt auch für ganz gewöhnliche Neubauten. In
keinem Fall zufriedenstellend ist eine Fugenlüftung durch
Undichtheiten (vgl. auch das Thema „Luftdichtheit“):
Wind und Temperaturantrieb schwanken nämlich in Mitteleuropa
viel zu stark. In einem Haus, das undicht genug für einen
gerade noch ausreichenden Luftwechsel bei schwachem Antrieb ist,
zieht es dann bei starkem Wind unerträglich (oberstes Bild).
Alle Neubauten in Deutschland sind seit 1984 bereits so dicht
gebaut, dass der Fugenluftwechsel für eine ausreichende Innenluftqualität
bei weitem nicht ausreicht. Ganz abgesehen davon, dass die austretende
feuchte Warmluft beim Fugenluftwechsel zu Tauwasserschäden
führen kann.
- Ohne Komfortlüftung
kann in Neubauwohnungen ein ausreichender Luftaustausch nur durch
eine regelmäßige Stoßlüftung
versucht werden: Um einen etwa 0,33-fachen Luftwechsel zu erreichen,
müsste man mindestens alle drei Stunden die Fenster für
5 bis 10 Minuten ganz öffnen – auch in der Nacht! In
Wahrheit wird viel weniger gelüftet (zweites Bild). Dementsprechend
schlecht ist die Luftqualität und die Gefahr hoher Luftfeuchtigkeit
steigt. Weil wir keine direkte Wahrnehmung der Luftgüte im
Raum haben und auch die durch offene Fenster tatsächlich
zugeführten Frischluftmengen nicht abschätzen können,
ist es selbst für einen Fachmann unmöglich, durch Fensterlüftung
den „gerade richtigen“ Luftaustausch zu erreichen.
Wird zu wenig gelüftet, ist die Luftqualität schlecht
und es besteht erhöhte Tauwassergefahr, wird zuviel gelüftet,
ist die Luft zu trocken und es entsteht ein überhöhter
Energieverbrauch.
- Frischluft in „gerade
richtiger“ Menge regelmäßig dem Wohnraum zuzuführen,
das ist die Aufgabe der Komfortlüftung. Die einfachste Lösung
besteht in einer simplen Abluftanlage, die verbrauchte
und feuchte Luft aus Küche, WC und Bad abzieht. Dabei strömt
(im Winter kalte) Frischluft durch Außenluftdurchlässe
in die Wohnräume nach. Diese einfachen Systeme sind inzwischen
in Frankreich eine Selbstverständlichkeit; in Schweden besteht
seit über 50 Jahren Erfahrung mit den Abluftanlagen. In Deutschland
handelt es sich um eine brauchbare Lösung für Neubauten
nach der EnEV und für modernisierte (und damit luftdichter
gewordene) Altbauten. Für das Passivhaus kommt dieses simple
System aber nicht in Betracht: Weil nach wie vor kalte Luft in
die Räume kommt, ist der Lüftungswärmeverlust zu
hoch (Thermographiebild). Zum einen wird deshalb eine entsprechend
hohe Heizleistung mit Wärmeabgabe in der Nähe der Außenluftdurchlässe
gebraucht, zum anderen ist der Jahreswärmebedarf dann mindestens
doppelt so hoch wie in einem Passivhaus.
- Systematische Untersuchungen
in Wohnungen haben gezeigt, dass eine gute Luftverteilung auf
alle Räume mit Frischluftbedarf und eine gesicherte Entlüftung
von Feuchträumen am besten durch eine geregelte Be-
und Entlüftung möglich ist. Dabei wird die
frische Zuluft gezielt den Wohn-, Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmern
zugeführt. In diesen Räumen gibt es jeweils mindestens
einen Zuluftauslass. Wie bei den Abluftanlagen werden Küchen,
Bäder, WC´s und andere belastete Räume gezielt
entlüftet: Dort gibt es jeweils Abluftauslässe. In der
Wohnung stellt sich eine gerichtete Durchströmung ein: Die
Frischluft kommt zunächst in die Hauptaufenthaltsräume
(Grafik). Sie strömt dann durch Überströmzonen
in die Feuchträume, Dort herrscht ein relativ großer
Luftwechsel, so dass z.B. Handtücher schnell trocknen. Durch
dieses Grundprinzip der gerichteten Durchströmung wird die
Frischluft optimal genutzt: Sie führt zunächst zu hoher
Luftqualität in den Aufenthaltsräumen, nimmt die Luftbelastungen
aus den Überströmzonen auf (z.B. Gerüche aus abgelegter
Kleidung) und dient zuletzt der Entfeuchtung in den Feuchträumen.
- Zu- und Abluftführung
erlauben es nun, Wärme aus der abgeführten verbrauchten
Luft zurückzugewinnen. In Wohnungen beträgt der Lüftungswärmeverlust
bei ausreichender Lüftung zwischen 20 und 30 kWh/(m²a).
Dies wäre ein im Vergleich zu allen anderen Wärmeströmen
im Passivhaus sehr hoher Wert. Moderne Wärmeübertrager
erlauben es, 75 bis 95% dieser Abluftwärme wieder zurück
zu gewinnen. Diese hocheffizienten Geräte sind speziell für
den Einsatz in Passivhäusern entwickelt worden; sie sorgen
für eine saubere Trennung zwischen Abluft und Frischluft,
verbrauchen nur wenig Strom und arbeiten sehr leise. Mit einer
so hohen Wärmerückgewinnung werden die verbleibenden
Lüftungswärmeverluste vernachlässigbar klein: Sie
liegen dann nur noch zwischen 2 und 7 kWh/(m²a), eine gute
Voraussetzung für ein funktionierendes Passivhaus. Sozusagen
nebenbei wird durch die Wärmerückgewinnung die Temperatur
der Zuluft auf einen Wert nahe der Raumlufttemperatur angehoben.
Dadurch ist die zugeführte Luft im Raum nicht mehr „kalt“.
Dies erlaubt es, zusammen mit der sehr guten Wärmedämmung
der Gebäudehülle und vor allem der Fenster, mit wesentlich
weniger Heizleistung auszukommen und so auch den Installationsaufwand
zu verringern.
- Nur im Passivhaus
bietet sich nun ein besonderer Vorteil: Die Möglichkeit zur
Heizung mit der Zuluft. Da frische Luft ohnehin in Wohn-, Arbeits-,
Kinder- und Schlafzimmer zugeführt wird, kann diese Luft
auch zugleich zur Wärmezufuhr verwendet werden. Da es sich
nur um Frischluft (keine Umluft!) handelt, die Frischluftmenge
begrenzt ist (sonst wird die Innenluft zu trocken) und die Temperatur
der Luft nur begrenzt erhöht werden darf, funktioniert die
Zuluftheizung nur bei Häusern mit einem sehr kleinen Wärmebedarf
– eben bei Passivhäusern. Dadurch werden sehr elegante
und platzsparende Lösungen für die Haustechnik möglich,
z.B. das Lüftungskompaktgerät.
Passivhäuser haben
daher immer eine integrierte Komfortlüftung, und oft ist diese
die zentrale Komponente für die gesamte Haustechnik. Nur hochwertige
Lüftungstechnik eignet sich für das Passivhaus. Das Passivhaus
Institut hat diese in den Anforderungen an Lüftungszentralgeräte
zusammengestellt: Neben einem hohem Wärmebereitstellungsgrad
muss ein niedriger Stromverbrauch, ein hygienisch einwandfreier
Betrieb und eine sehr leise Arbeitsweise gewährleistet sein.
Richtige
Innovationen werden in Arbeitsgruppe 4 der 9. Passivhaustagung zum
Thema "Kompakte Haustechnik für Passivhäuser"
vorgestellt. Nachdem vor 2 Jahren erstmals Komplettgeräte
für Lüftung, Warmwasser und Heizung aus nur einer Einheit
mit Grundfläche 60 cm x 70 cm und Wärmepumpe zu sehen
waren, kommen jetzt die ersten solchen Kompaktgeräte für
Erdgas (Herbert Bley) und Pelletheizung (Rolf-Peter
Strauß). Auch Andreas Bührung
stellt wieder aktuelle Testergebnisse vom Prüfstand des Fraunhofer-Instituts
ISE vor - und Christof Drexel sieht die Kompaktgeräte
am Scheideweg.
Auf der Fachausstellung
zur 9. Passivhaustagung werden Komponenten für die Wohnungslüftung
im Passivhaus im praktischen Betrieb gezeigt. Vom Luftansauggitter
über Kanalformteile, Filtertechnik und Wärmeübertrager
bis zum Weitwurfeinlass wird alles zu finden sein. Auch Komplettgeräte
für die hocheffiziente Wohnungslüftung werden von mehreren
Herstellern ausgestellt.
(zuletzt geändert:
06.03.2005 © Passivhaus Institut; unveränderte
Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)
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