Lüftung im Passivhaus – es geht nur
mit höchster Effizienz


freie Lüftung schwankt
Wind und Wetter schwanken - dementsprechend der Luftaustausch bei "freier" Lüftung. Soll dieser auch an windarmen Tagen ausreichen, ist der Wärmeverlust bei stärkerem Wind unerträglich hoch. Fugenlüftung wird daher heute von den Bewohnern nicht mehr akzeptiert.

Cartoon Fensterlüftung
Gar nicht so einfach, die Sache mit der Stoßlüftung...

kalte Außenluft strömt herein
Wärmebildaufnahme eines Außenluftdurchlasses (ALD) einer Abluftanlage. Die Mindestinvestition, die bei jedem Neubau und bei jeder Modernisierung von Altbauten für die Lufthygiene unverzichtbar ist. Eine akzeptable Lösung für ein Niedrigenergiehaus, wenn der Heizkörper unter dem Durchlass steht (Foto und Infrarotbild: ebök). Für ein Passivhaus ist die einfallende Kaltluft nicht akzeptabel - und der hohe Wärmeverlust auch nicht.

Zuluftzone (Aufenthaltsbereich), Überströmzone (Flur) und Abluftzone (Feuchträume)
Gerichtete Durchströmung einer Wohnung bei Komfortlüftung (Grafik: PHI)

Thermographiebild Wärmeübertrager
Wärmebildaufnahme eines geöffneten Gegenstrom-Wärmerückgewinnungs-Gerätes. Der eigentliche Wärmeübertrager ist als Sechseck erkennbar. Er holt mehr als 75% der fühlbaren Wärme aus der Fortluft zurück. (Aufnahme: PHI).



Beispiele von Lüftungsgeräten für das Passivhaus. Diese und weitere Anlagen werden auf der Begleitausstellung der Passivhaustagung gezeigt.

Anmerkungen
1) Hier könnte eine lange Diskussion über das "richtige" Konzept zur Begrenzung von Innenraum-Luftbelastungen einsetzen. Es ist richtig, und das Passivhaus Institut teilt diese Position, dass Luftbelastungen zunächst an den Quellen so weit wie möglich begrenzt werden müssen (Max von Pettenkofer hat das so ausgedrückt: "Einen Misthaufen kann man nicht hinauslüften.").

"Nullemission" ist aber auch in Wohnräumen nicht möglich!
Immer gibt es gewisse Abgaben von flüchtigen Stoffen - aus Wasch- und Spülmitteln, der Kleidung, aus Nahrungsmitteln, den Baustoffen und aus dem Keller (z.B. Radon). Selbst wenn nur die von den Menschen ausgeatmete Luft verbleibt - auch durch sie entsteht eine Innenraumluftbelastung, die ohne ausreichende Lüftung schnell unerträglich würde. Genau dies war es, das Max von Pettenkofer schon im 19. Jahrhundert festgestellt hat. Dies gilt heute unverändert - nein, es ist noch wichtiger geworden, weil wir in der modernen Zeit in unseren Aufenthaltsräumen mit mehr Substanzen umgehen als früher. Und noch zwei Dinge haben sich geändert:
1) Die Gebäude sind luftdichter geworden; Zugerscheinungen werden nämlich nicht mehr akzeptiert.
2) Die Öfen sind (weitgehend) aus den Wohnungen verschwunden. Öfen funktionieren lüftungstechnisch gesehen als Abluftanlagen.

Daraus ergibt sich, dass ein ausreichendes Lüftungskonzept heute dringend erforderlich ist, auch dann, wenn alle Anstrengungen unternommen werden, die Emission von Innenraum-Luftbelastungen so gering wie möglich zu halten.

 

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Eine auf den Frischluftbedarf eingestellte Komfortlüftung ist unverzichtbar in jedem Passivhaus. Die Gründe dafür sind:

  • Ein regelmäßiger, gesicherter und ausreichender Luftaustausch in der kalten Jahreszeit ist nur mit einer gezielten Komfortlüftung möglich – das gilt auch für ganz gewöhnliche Neubauten.

  • In keinem Fall zufriedenstellend ist eine Fugenlüftung durch Undichtheiten (vgl. auch das Thema „Luftdichtheit“): Wind und Temperaturantrieb schwanken nämlich in Mitteleuropa viel zu stark. In einem Haus, das undicht genug für einen gerade noch ausreichenden Luftwechsel bei schwachem Antrieb ist, zieht es dann bei starkem Wind unerträglich (oberstes Bild links). Alle Neubauten in Deutschland sind seit 1984 bereits so dicht gebaut, dass der Fugenluftwechsel für eine ausreichende Innenluftqualität bei weitem nicht ausreicht. Das gilt auch für modernisierte Altbauten mit neuen Fenstern. Ganz abgesehen davon, dass die austretende feuchte Warmluft beim Fugenluftwechsel zu Tauwasserschäden führen kann.

  • Ohne Komfortlüftung kann in Neubauwohnungen ein ausreichender Luftaustausch nur durch eine regelmäßige Stoßlüftung versucht werden: Um einen etwa 0,33-fachen Luftwechsel zu erreichen, müsste man mindestens alle drei Stunden die Fenster für 5 bis 10 Minuten ganz öffnen – auch in der Nacht! In Wahrheit wird in der Praxis viel weniger gelüftet. Dementsprechend schlecht ist die Luftqualität und die Gefahr hoher Luftfeuchtigkeit steigt. Weil wir keine direkte Wahrnehmung der Luftgüte im Raum haben und die durch offene Fenster tatsächlich zugeführten Frischluftmengen nicht abschätzen können, ist es selbst für einen Fachmann nur schwer möglich, durch Fensterlüftung einen „gerade richtigen“ Luftaustausch zu erreichen. Wird zu wenig gelüftet, ist die Luftqualität schlecht und es besteht erhöhte Tauwassergefahr, wird zuviel gelüftet, wird die Luft zu trocken und es entsteht ein überhöhter Energieverbrauch. Die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung etwas zu reduzieren, das ist ein Ziel der Wohnungslüftung: Denn eine zu hohe Luftfeuchtigkeit ist häufige Ursache von Bauschäden. Zu trocken muss die Luft aber auch nicht werden. Dazu finden Sie mehr Informationen auf unserer Seite zu "Lüftung und Luftfeuchtigkeit". Doch die richtige Luftfeuchtigkeit ist nicht der einzige Grund, weshalb ein ausreichender Luftaustausch notwendig ist. Innenraumluftbelastungen, wie z.B. durch das radioaktive Edelgas Radon, müssen auf ein gesundheitlich verträgliches Maß durch frische Außenluft verdünnt werden.1)

  • Frischluft in „gerade richtiger“ Menge regelmäßig dem Wohnraum zuzuführen, das genau ist die Aufgabe der Komfortlüftung. Die einfachste Lösung besteht in einer Abluftanlage, die verbrauchte und feuchte Luft aus Küche, WC und Bad abzieht. Dabei strömt (im Winter kalte) Frischluft durch Außenluftdurchlässe in die Wohnräume nach (vgl. das Bild auf der linen Seite). Diese einfachen Systeme sind inzwischen in Frankreich bei jedem Neubau als Mindestlösung vorgeschrieben; in Schweden besteht seit über 50 Jahren Erfahrung mit den Abluftanlagen und seit 1980 eine gesetzliche Pflicht zur Wohnungslüftung. In Deutschland handelt es sich um eine brauchbare Lösung für Neubauten nach der EnEV und für modernisierte (und damit luftdichter gewordene) Altbauten, ist aber leider noch immer nicht verbindlich vorgsechrieben. Für das Passivhaus kommt dieses simple System aber nicht in Betracht: Weil nach wie vor kalte Luft in die Räume kommt, ist der Lüftungswärmeverlust zu hoch (Thermographiebild). Zum einen wird deshalb eine entsprechend hohe Heizleistung mit Wärmeabgabe in der Nähe der Außenluftdurchlässe gebraucht, zum anderen ist der Jahreswärmebedarf dann mindestens doppelt so hoch wie in einem Passivhaus. Weniger Lüften kommt aber auf keinen Fall in Betracht, denn Energiesparen darf nicht zu Abstrichen bei der Hygiene führen.

  • Systematische Untersuchungen in Wohnungen haben gezeigt, dass eine gute Luftverteilung in alle Räume mit Frischluftbedarf und eine gesicherte Entlüftung von Feuchträumen am besten durch eine geregelte Be- und Entlüftung möglich ist. Dabei wird die frische Zuluft gezielt den Wohn-, Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmern zugeführt. In diesen Räumen gibt es jeweils mindestens einen Zuluftauslass. Wie bei den Abluftanlagen werden Küchen, Bäder, WC´s und andere belastete Räume gezielt entlüftet: Dort gibt es jeweils Abluftauslässe. In der Wohnung stellt sich eine gerichtete Durchströmung ein: Die Frischluft kommt zunächst in die Hauptaufenthaltsräume (Grafik). Sie strömt dann durch Überströmzonen in die Feuchträume. Dort herrscht ein relativ großer Luftwechsel, so dass z.B. Handtücher schnell trocknen. Durch dieses Grundprinzip der gerichteten Durchströmung wird die Frischluft optimal genutzt: Sie führt zunächst zu hoher Luftqualität in den Aufenthaltsräumen, nimmt die Luftbelastungen aus den Überströmzonen auf (z.B. Gerüche aus abgelegter Kleidung) und dient zuletzt der Entfeuchtung in den Feuchträumen.

  • Zu- und Abluftführung erlauben es bei solchen Anlagen, Wärme aus der abgeführten verbrauchten Luft zurückzugewinnen. In Wohnungen beträgt der Lüftungswärmeverlust bei ausreichender Lüftung zwischen 20 und 30 kWh/(m²a). Dies wäre ein im Vergleich zu allen anderen Wärmeströmen im Passivhaus sehr hoher Wert. Moderne Wärmeübertrager erlauben es, 75 bis 95% dieser Abluftwärme wieder zurück zu gewinnen. Diese hocheffiziente Wärmerückgewinnung wurde peziell für den Einsatz in Passivhäusern entwickelt. Die Geräte sorgen für eine saubere Trennung zwischen Abluft und Frischluft, verbrauchen nur wenig Strom und arbeiten sehr leise. Mit einer so hohen Wärmerückgewinnung werden die verbleibenden Lüftungswärmeverluste vernachlässigbar klein: Sie liegen dann nur noch zwischen 2 und 7 kWh/(m²a), eine gute Voraussetzung für ein funktionierendes Passivhaus. Sozusagen nebenbei wird durch die Wärmerückgewinnung die Temperatur der Zuluft auf einen Wert nahe der Raumlufttemperatur angehoben. Dadurch ist die dem Raum zugeführte Luft nicht mehr „kalt“. Dies erlaubt es, zusammen mit der sehr guten Wärmedämmung der Gebäudehülle und der Fenster, mit wesentlich weniger Heizleistung auszukommen und so auch den Installationsaufwand zu verringern.

  • Nur im Passivhaus bietet sich nun ein besonderer Vorteil: Die Möglichkeit zur Heizung mit der Zuluft. Da frische Luft ohnehin in Wohn-, Arbeits-, Kinder- und Schlafzimmer zugeführt wird, kann diese Luft auch zugleich zur Wärmezufuhr verwendet werden. Da es sich nur um Frischluft (keine Umluft!) handelt, die Frischluftmenge begrenzt ist (sonst wird die Innenluft zu trocken) und die Temperatur der Luft nur begrenzt erhöht werden darf, funktioniert die Zuluftheizung nur bei Häusern mit einem sehr kleinen Wärmebedarf – eben bei Passivhäusern. Dadurch werden sehr elegante und platzsparende Lösungen für die Haustechnik möglich, z.B. das Lüftungskompaktgerät.

Passivhäuser haben daher immer eine integrierte Komfortlüftung, und oft ist diese die zentrale Komponente für die gesamte Haustechnik. Nur hochwertige Lüftungstechnik eignet sich für das Passivhaus. Das Passivhaus Institut hat diese in den Anforderungen an Lüftungszentralgeräte zusammengestellt: Neben einem hohem Wärmebereitstellungsgrad muss ein niedriger Stromverbrauch, ein hygienisch einwandfreier Betrieb und eine sehr leise Arbeitsweise gewährleistet sein.

In einer Arbeitsgruppe der 11. Passivhaustagung wurden Fortschritte bei der Lüftungstechnik vorgestellt.

Auf der Fachausstellung zur 11. Passivhaustagung wurden Komponenten für die Wohnungslüftung im Passivhaus im praktischen Betrieb gezeigt. Vom Luftansauggitter über Kanalformteile, Filtertechnik und Wärmeübertrager bis zum Weitwurfeinlass war alles vertreten. Auch Komplettgeräte für die hocheffiziente Wohnungslüftung wurden von mehreren Herstellern ausgestellt.

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(zuletzt geändert: 25.11.2006 Autor: Dr. Wolfgang Feist
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