Modernisierung von Altbauten:
Hohe Energieeffizienz ist besser



Modernisierte Wohnungen verfügen üblicherweise über eine funktionsfähige Wärmeverteilung und es besteht in aller Regel kein Grund, das vorhandene System nicht weiterzuverwenden. Im Gegenteil: Wird bei der Modernisierung der Wärmebedarf reduziert, so verringern sich auch die erforderlichen Systemtemperaturen. Dann können effiziente Wärmeerzeuger, wie Brennwertgeräte und Wärmepumpen, mit hoher Effizienz zum Einsatz kommen. Gute Heiztechnik und guter Wärmeschutz ergänzen sich gegenseitig.

Altbau - Beispiel vor der Sanierung



Gebäude Jean-Paul-Platz 4 der WBG Nürnberg

Saniertes Gebäude - mit Passivhauskomponenten



Die Modernisierung umfasst eine sehr gute Wärmedämmung aller Außenflächen inkl. neuer Fenster und eine Wärmerückgewinnung.
Die Planung stammt von Dr. Burkhard Schulze Darup.


Forschungsergebnisse zeigen, dass Probleme an Wärmebrücken mit erhöhter Dämmdicke eines außenliegenden Dämmsytems abnehmen. Bei sehr gutem außenliegenden Wärmeschutz gibt es keine raumluftfeuchtebedingten Feuchteprobleme mehr. Die folgenden beiden Grafiken illustrieren das am Beispiel eines Wohnraums mit einer Außenkante im Erdgeschoss. Sogar wenn ein Schrank in der Außenecke steht, können Feuchteprobleme vermieden werden - wenn nur die Wärmedämmung wirklich sehr gut ist. Details dazu und zum Modernisierungsprojekt finden Sie im Protokollband "Altbaumodernisierung" [AkkP 24].

Altbau - Situation an der Fassade ohne Dämmung


Die Verhältnisse bei einem wie vielfach üblich teilmodernisierten Altbau: Es wurden neue Fenster eingebaut, ansonsten aber keine Wärmedämmung angebracht, insbesondere nicht an der Außenwand. Unter winterlichen Randbedingungen (außen –5°C; innen 20°C) ergeben sich Oberflächentemperaturen in den kritischen Bereichen der Wohnung bis herunter zu 9°C: Hinter einem Schrank in einer Außenkante können die Temperaturen sogar unter 5°C liegen. Bei diesen niedrigen Temperaturen kann Luft nur wenig Wasser aufnehmen. Daher steigt die relative Feuchtigkeit auf hohe Werte an - und das sind gute Bedingungen für das Wachstum von Schimmel.
Im ungedämmten Altbau sind Schimmelschäden durch die erhöhte Feuchtigkeit vorgezeichnet
.

Sanierter Altbau mit guter Außendämmung (200 mm)


Dass eine bessere Außendämmung die Gefahr des Schimmelwachstums bannt ist kein Zufall und nicht auf das hier behandelte Beispiel beschränkt: Durch die Dämmung steigen die Temperaturen an der Innenoberfläche an, durch die Querwärmeleitung geschieht dies selbst in den kritischen Wärmebrückenbereichen. Systematische Untersuchungen zeigen, dass eine zusätzliche Dämmung auf gutem Dämmniveau an allen kritischen Anschlusspunkten die Temperaturen so weit anhebt, dass die relative Luftfeuchtigkeit überall deutlich unter 80% bleibt und deshalb keine Probleme mit der Feuchtigkeit mehr entstehen.
Quelle: [AkkP 24]

Baustellenbild: Ausführung der Wärmedämmung mit 200 mm Stärke. Jeweils über den Fenstern ist ein Streifen nichtbrennbarer Dämmung aus Mineralwolle.                                               (Foto: Schulze-Darup) Baustellenbild: Die Spachtelung auf dem alten Außenputz ist ebenso zu sehen wie die gut an die Fensterbank herangearbeitete Dämmung. Hier finden Sie eine Thermographieaufnahme.    (Foto: Schulze-Darup)

Im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorurteilen ist es auch sinnvoll, insbesondere bei Modernisierungen im Bestand eine hohe Luftdichtheit anzustreben. In unkontrollierten Undichtheiten besteht ansonsten die Gefahr von Tauwasserausfall durch mit der Luft ausströmenden Wasserdampf. Die Planungsgrundsätze aus dem Neubau lassen sich erfolgreich auf die Modernisierung übertragen. In praktisch ausgeführten Modernisierungen erwies sich die erreichbare Luftdichtheit als überraschend gut. Zugleich müssen wir darauf hinweisen, wie wichtig in diesem Zusammenhang die kontrollierte Wohnungslüftung wird: "Wer Luftdichtheit fordert, muss auch für eine ausreichende Lüftung sorgen."

Altbau - oft extrem undicht

Alte Holzfenster;    Holzbalkendecken über OG,   Kellerrippendecke.
In diesem Altbau wurde eine Luftleckage von 4,9 h-1 gemessen.
Kann man ein derart undichtes Gebäude auf hochwertige Neubauwerte nachbessern? (Genauere Informationen dazu mit allen Tricks und wichtigen Merkpunkten: Literatur [AkkP 24].)

Sanierter Altbau mit guter Luftdichtheit


Man kann! Die Luftdichtheitsebene wird hier durch eine Spachtelung auf dem alten Außenputz gebildet (mittleres Foto, unten ist bereits das darauf angebrachte Wärmedämmverbundsystem zu sehen), die Geschossdecke wird von oben durch eine Folie luftdicht (rechtes Foto; wichtig: die Wärmedämmung wird im nächsten Schritt oberhalb der Folie angebracht). 1) Die Luftleckage nach der Sanierung lag bei 0,35 h-1.

 

Nach einer sorgfältigen wärmetechnischen Modernisierung bleiben die Fenster oft die bedeutendsten Schwachpunkte. Es zeigt sich aber, dass beim Fenstereinbau mit den aus dem Passivhausbau bekannten Regeln hohe Behaglichkeit und Tauwasserfreiheit auch bei kritischen Randbedingungen erreicht werden kann. Die Verwendung von Passivhausfenstern bei der Modernisierung hat sich in den Demonstrationsprojekten gut bewährt.

 

Altbau - alte, schlecht gedämmte und undichte Fenster

Alte Holzfenster; undicht und sehr schlecht wärmedämmend - eine Erneuerung ist überfällig.

 

Kalte Innenoberflächen bei einem alten Fenster (hier zwischen 12 und 14°C) führen zu Kaltluftabfall, Zugerscheinungen und kalter Strahlungsempfindung. (Thermographie: Feist, im Büroraum)

Passivhausfenster - für die Modernisierung beste Wahl

Schon ist das neue Fenster drin: Ein Warmfenster mit Dreifachverglasung, gedämmtem Randverbund und einem sehr gut wärmedämmenden Fensterrahmen. Dieses Fenster garantiert für die nächsten 50 Jahre Spitzenqualität.

Passivhausfenster haben demgegenüber hohe innere Oberflächentemperaturen: sowohl bei der Verglasung (hier: 17°C) als auch am Rahmen. Im Raum wird es von sich aus behaglich. (Thermographie: Feist, im Passivhaus Darmstadt Kranichstein)


Die Sicherstellung einer ausreichenden Lufterneuerung ist gerade im Altbau eine zentrale Aufgabe. Die nach üblicher Auffassung empfohlene "zweimal tägliche Stoßlüftung" reicht für die Abfuhr von Raumluftbelastungen nicht aus. Bei weitergehender Luftdichtheit der Gebäudehülle ist eine Sicherstellung der notwendigen Wohnungslüftung ein unverzichtbarer Bestandteil einer verantwortlichen Modernisierung. Diese Aussage gilt für den modernisierten Altbau mit noch größerem Nachdruck als bei Neubauten. Folgende Anforderung ist an die Wohnungslüftung nach den vorliegenden Erfahrungen zu stellen: Die Lufterneuerung muss dauerhaft gewährleistet sein.

Die wichtigste Aufgabe ist die Entfeuchtung aus Küche, Bädern und WC. In allen Feuchträumen ist daher ein Abluftauslass vorzusehen.
Die Luftmengen sollten andererseits insgesamt auch nicht zu hoch werden, da es sonst zu Klagen über "zu trockene Luft" kommen kann. Informationen über moderne Komfortlüftung bei der Sanierung finden sie hier: [AkkP 30].

Besonders auffällig bei der Heizwärmebilanz von Altbauten sind die hohen Wärmeverluste durch die Außenwände (vgl. den Anteil bei der Bilanz in der folgenden Grafik auf der linken Seite). Es ist daher nicht nur aus bauphysikalischer, sondern auch aus energieökonomischer Sicht besonders wichtig, hier eine Verbesserung des Wärmeschutzes vorzunehmen. Die häufig geäußerte Auffassung, man solle doch die Außenwände der Altbauten von der wärmetechnischen Modernisierung ausnehmen, ist daher keinesfalls sachgerecht. Gerade die Außenwände müssen besser gedämmt werden, das ergibt sich vor allem aus wohnhygienischer Sicht (vgl. den Absatz oben über die Schimmel-Vermeidung durch gute Wärmedämmung).

Bei den Demonstrationsvorhaben in Ludwigshafen und in Nürnberg wurde der Heizwärmebedarf auf unter 30 kWh/(m²a) reduziert. Altbauten erfahren somit eine Verbesserung um ungefähr einen Faktor 8. Derart weitgehende Verbesserungen wurden bis vor kurzem selbst in der Baufachwelt häufig für nicht realistisch gehalten. Die im Protokollband [AkkP 24] dokumentierten Messergebnisse aus den Demonstrationsprojekten zeigen, dass die rechnerisch bestimmten Werte gegenüber den tatsächlichen Ergebnissen sogar noch zum Besseren abweichen.

Energiebilanz des Altbaus (vorher) 2)

Auffällig ist der hohe Wärmeverlust durch die Außenwände (blau) sowie durch die Dachgeschossdecke (hellrot). Solargewinne spielen fast keine Rolle, weil die Verluste so hoch sind und diese überwiegend durch das Heizsystem (rot) ausgeglichen werden müssen. Etwa 200 kWh/(m²a) betrug der Heizwärmeverbrauch vor der Sanierung (20-Liter-Haus).

Energiebilanz nach der erfolgreichen Sanierung 2)

Ganz bewusst wurde der Maßstab für die Bilanz des sanierten Gebäudes beibehalten. Durch die gute Wärmedämmung schrumpfen die Verluste auf sehr kleine Werte zusammen. Solarbeiträge und innere Wärmequellen ändern sich dagegen nur wenig - sie decken aber nun fast die Hälfte des Verlustes. Dadurch ist der Heizwärmebedarf nach der Sanierung sehr gering: Rechnerisch sind es 27,4 kWh/(m²a) (2,7-Liter-Haus). Die Einsparung beträgt 87%.

 

Weil die hier beschriebene beispielhafte Sanierung am Gebäude Jean-Paul-Platz 4 in Nürnberg tatsächlich mit der dargestellten Qualität durchgeführt worden ist, lassen sich sogar die Ergebnisse für den Heizenergieverbrauch "nachher" mit den Berechnungen vergleichen. Tatsächlich lag der Heizwärmeverbrauch "nachher" bei gemessenen 26,9 kWh/(m²a) im ersten Jahr - die Berechnungen wurden bei diesem Projekt vollständig bestätigt. Hier der Vergleich von Berechnung und Messung:

Die in dieser Grafik dokumentierten Verbrauchsmessungen wurden vom Münchner Institut FIW durchgeführt. Die Messergebnisse für das ganze Gebäude sind als blaue Quadrate dargestellt. Die Monatswerte summieren sich im ersten Jahr nach der Modernisierung auf 26,9 kWh/(m²a), im zweiten Jahr waren es noch 24 kWh/(m²a). Der gemessene Verbrauch ist damit sogar noch geringer als der rechnerisch bestimmte Wert (PHPP-Berechnung, als rote Säulen dargestellt). Der Heizenergieverbrauch in diesem Gebäude wurde durch die Sanierung um etwa einen Faktor 8 verringert: Der verbleibende Verbrauch ist extrem gering, er beträgt nur etwa 12% des ursprünglichen Wertes. Auch in der Grafik zu erkennen ist, dass die einzelnen Verbrauchswerte der verschiedenen Wohnungen durchaus unterschiedlich hoch sind: Dafür sind vor allem unterschiedliche Raumtemperaturen verantwortlich, aber auch, wie häufig von den jeweiligen Mietern im Winter die Fenster geöffnet werden. Dass dies in manchen Wohnungen der Fall ist, kann z.B. auf dieser Seite gesehen werden: "Thermographie offenes Fenster". Dass trotzdem der Energieverbrauch auch in solchen Wohnungen zwar höher als im Durchschnitt, aber nicht übermäßig hoch ist, zeigt die Grafik oben. Auch der größte Einzelverbrauch liegt dort um 40 kWh/(m²a) und immer noch um mehr als 80% unter dem Verbrauchsdurchschnitt im alten Zustand des Gebäudes. Eine Diskussion des Themas Fensteröffnung finden Sie hier: "Darf man im Passivhaus die Fenster öffnen?"

 

Inzwischen gibt es noch weitere Beispiele für die Modernisierung mit Passivhaus-Komponenten. Darunter auch das folgende Beispiel einer Modernisierung zum Passivhaus der GAG in Ludwigshafen (PHIB: Passivhaus im Bestand).


Altbau - Beispiel Ludwigshafen
vor der Sanierung



Zum Passivhaus saniertes Gebäude
Beispiel Ludwigshafen, GAG



Fazit
Passivhaus-Komponenten eignen sich nach den Fallbeispielen auch für die Modernisierung im Gebäudebestand. Diese Maßnahmen
bieten dort eine höhere Sicherheit gegenüber feuchtebedingten Bauschäden, verbessern die thermische Behaglichkeit durch höhere Oberflächentemperaturen und verdoppeln das erschließbare Energiesparpotential.

Die Attraktivität einer hochwertigen Modernisierung steigt beim Einsatz hocheffizienter Komponenten, da sich die Lebensqualität für die Bewohner spürbar erhöht.

Andererseits sind Modernisierungsmaßnahmen im Gebäudebestand ein entscheidender Motor für die Konjunktur. Mit den dargestellten Maßnahmen sind erhebliche CO2 - Einsparungen erschließbar: die in den Mustersanierungen erzielte CO2-Reduktion beträgt über 75%. Die Effizienzverbesserung erfolgt in einem Sektor, bei dem ein reduzierter Verbrauch zugleich einen vermehrten sinnvollen Einsatz von erneuerbaren Energieträgern ermöglicht. Mit Maßnahmen dieser Qualität kann auch heute noch verhindert werden, dass der Klimawandel zu katastrophalen Folgen führt.

Anmerkungen

1) Der Grundsatz lautet: Konstruktionen müssen auf der warmen Seite luftdicht sein (also raumseitig der Wärmedämmung). Die Konstruktion darf auf der kalten Seite auf keinen Fall dampfdiffusions-dicht sein. Diese Regeln wurden beim Beispielprojekt eingehalten: In der Literatur [AkkP 24] findet man detaillierte Unterlagen dazu.

2) Berechnet sind diese Energiebilanzen mit dem Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP). Dieses Arbeitstool erlaubt auch bei Altbauten eine solide Bilanzierung und eine Optimierung der Maßnahmen.


Das Passivhaus und die Modernisierung mit Passivhaus Komponenten sind keine theoretischen Konzepte. Tausende gebaute Häuser (Beispiele) werden bereits genutzt. Die Grundlagen, die im Rahmen dieser Basisinformationen dargestellt werden, haben sich in der Praxis bewährt.

Passivhäuser kann man besichtigen: Einmal im Jahr ist der Tag des Passivhauses. An diesem Tag öffnen hunderte von Passivhausbewohnern ihre Häuser, um es jedem Interessierten zu ermöglichen, einmal selbst zu erleben, wie es sich in einem Passivhaus wohnt. Der Tag des Passivhauses wird organisiert von der

 


Auf den Seiten der IG-Passivhaus finden Sie Architekten auch in Ihrer Nähe, die Erfahrungen mit energieeffizienten Modernisierungen haben.

Aktuelle Ergebnisse aus vorbildlichen Modernisierungen werden auf der Passivhaustagung in Arbeitsgruppen vorgestellt.

Mehr über die aktuelle Passivhaustagung: www.passivhaustagung.de.

Literatur

[AkkP 24] Passivhaustechnologien bei der Altbau-Modernisierung; Protokollband Nr. 24 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 2004 (Link zur Publikationsliste, PDF, 200kB)

[AkkP 30] Lüftung bei Bestandssanierung: Lösungsvarianten; 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 2004 (Link zur Publikationsliste, PDF, 200kB)

[AkkP 32] Faktor 4 auch bei sensiblen Altbauten: Passivhaus-Komponenten + Innendämmung; 1. Auflage, Passivhaus Institut, Darmstadt 2004 (Link zur Publikationsliste, PDF, 200kB)

Hier finden Sie mehr Informationen zu den Fragen "Warum hohe Energieeffizienz? Reicht nicht auch schon ein weniger ehrgeiziger Standard?"

Hier gibt es Informationen zum Passivhauskonzept.

Hier gibt es Informationen zur Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern.

Verzeichnis aller Seiten dieses Kurses zum Thema Passivhaus: Verzeichnis-Passivhaus.

Link zur Homepage des Passivhaus Institutes:

(aktualisiert 03.11.2006 Autor: Dr. Wolfgang Feist  © Passivhaus Institut;
unveränderte Wiedergabe unter Angabe der Quelle gestattet)